■ El Salvador: Ein Museum erinnert an den Bürgerkrieg: Die Exponate der Revolution
Perquin/Morazán (taz) – Das „Museum der Salvadorianischen Revolution“ liegt auf einem Hügel oberhalb des Dörfchens Perquin in der Provinz Morazán. Während des zwölfjährigen Bürgerkriegs durfte der Name des Ortes offiziell nicht erwähnt werden. Perquin war einer der Hauptstützpunkte der Guerilla-Front FMLN, den die Regierungstruppen mit Bombenangriffen, Artilleriebeschuß und Infantrie-Invasionen zwar zu drei Vierteln in Schutt und Asche legten, aber nie unter ihre Kontrolle bringen konnten. Seit Inkrafttreten des Waffenstillstands im Januar vergangenen Jahres wird Perquin wieder aufgebaut. Rund um den staubigen Dorfplatz sind eine Gesundheitsstation, ein Kindergarten und ein Andenkenladen der FMLN entstanden, in den Trümmern des früheren Bürgermeisteramtes wächst ein Kulturzentrum.
Das Museum hat seine Pforten am 13. Dezember eröffnet. Rund um den Krater einer vor zehn Jahren detonierten 500-Pfund-Bombe stehen drei langgestreckte Holzhäuser, welche die Exponate beherbergen. Das erste Gebäude ist den „Helden und Märtyrern“ des Krieges gewidmet, den gefallenen Guerilla-KämpferInnen oder ermordeten FüherInnen von Gewerkschaften und Volksorganisationen. Verblichene und vergilbte Fotos zeigen die posthum Geehrten als Schulkinder, als Campesinos oder in Trainingscamps der FMLN. Viele Besucher verweilen lange Zeit vor bestimmten Bildern; in Morazán gibt es kaum eine Familie, die im Krieg nicht mindestens einen Toten zu beklagen hatte.
Im zweiten Haus wird ein repräsentativer Querschnitt aus dem Waffenarsenal zur Schau gestellt, mit dem die FMLN dem hochgerüsteten Regierungsheer so lange erfolgreich getrotzt hat. „Armas populares“, Waffen des Volkes, sind zu bestaunen – in Kelllern und geheimen Werkstätten gefertigte Bomben und Minen und die Pistolen und Gewehre belgischer, deutscher oder US-amerikanischer Produktion. „Dem Feind im Kampf abgenommen“, erläutert eine Schlagzeile. Oder, was hier verschwiegen wird, käuflich erworben auf dem grauen Märkten Zentralamerikas für Dollars unterschiedlicher Herkunft, wie zum Beispiel von der taz und ihrer Spendenkampagne „Waffen für El Salvador“. Auch Granatwerfer, Mörser sowie Boden-Luft-Raketen sind zu bestaunen, und im Innenhof zeugen kunstvoll komponierte Rotorenreste und halbe Hubschrauberwracks davon, daß die FMLN das komplizierte Schießgerät durchaus zu handhaben wußte. Ein letztes Gebäude schließlich ist der Geschichte des ehemaligen Rebellen-Senders „Radio Vencerémos“ gewidmet. Verschlissene Ausrüstungsteile, verbeulte Mikrofone und alte Hand-Funkgeräte, die zur Live- Übertragung von besonders spektakulären Guerilla-Aktionen genutzt wurden, liegen in den Vitrinen. Dem Gästebuch am Ausgang ist zu entnehmen, daß bereits mehr als 10.000 Interessierte die Ausstellung besucht haben. Mit den Einnahmen soll jetzt die „zweite Phase“ des Museumsaufbaus eingeläutet werden: Die Produktion von Videofilmen und Diaserien über die salvadorianische Revolution. Reimar Paul
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen