Eksi starb nicht durch rassistische Gewalt

■ Prozeß um Tod des 19jährigen Türken endet mit Haftstrafen von drei Jahren und neun Monaten für Michael Sch.

Vor dem Kriminalgericht marschierten gestern Polizisten in Kampfanzügen auf, als das Urteil im Prozeß um den Tod des 19jährigen Türken Mete Eksi erging: Drei Jahre und neun Monate für den 25jährigen Michael Sch. wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Beteiligung an einer Schlägerei. Die Vorsitzende Richterin Gabriele Eschenhagen verneinte entschieden einen rassistischen Tathintergrund.

Mete Eksi war im November 1991 an den Folgen einer schweren Kopfverletzung gestorben, die ihm Michael Sch. mit einem Baseballschläger beigebracht hatte. Der 1,90 große, kräftige Mann war an jenem Abend mit seinen beiden 24- und 18jährigen Brüdern Martin und Markus unterwegs gewesen. Vor dem Café Graffiti am Adenauerplatz waren die drei auf Mete Eksi und dessen vier türkische Freunde gestoßen. Das gefährliche Tatwerkzeug, der Baseballschläger, hatte einem der Türken gehört, war diesem aber von Michael Sch. bei der Auseinandersetzung entwunden worden.

Bei der gestrigen Urteilsverkündung hatte sich draußen auf der Straße eine kleine Gruppe von Anhängern der TKP/ML formiert, die die Tat auf eigene Art auslegten: „Es war doch Mord“, verkündeten sie auf einem großen Transparent, und forderten: „Der faschistische Mörder von Mete muß ins Gefängnis.“ Drinnen im Gerichtssaal reichten die Plätze für die Zuschauer nicht aus, so viele Menschen, in der Mehrzahl türkische Bürger, waren gekommen. Nachdem sie den Eltern von Mete Eksi ihr „großes Mitgefühl“ ausgesprochen hatte, wandte sich die Vorsitzende Richterin Eschenhagen zunächst an die Öffentlichkeit. Mete Eksis Tod habe bei der Türkischen Gemeinde in Berlin großes Aufsehen erregt und zu Trauermärschen und Mahnwachen geführt. Trauermärsche und Mahnwachen seien durchaus gerechtfertigt, wenn ein junger Mann ums Leben komme. Bei Mete Eksi hätten sich die Türkische Gemeinde und andere ausländische Mitbürger aber darauf festgelegt, daß der junge Mann Opfer eines rassistischen Übergriffs geworden sei. Diese Annahme sei jedoch „völlig falsch“. Das Gericht habe in der mehrtägigen Beweisaufnahme keinerlei „Rassenhaß oder Ausländerfeidlichkeit“ als Tathintergrund feststellen können. Die gegenteilige Sichtweise der Türkischen Gemeinde sei wohl eine „Überreaktion“ auf die schlimmen Ereignisse in Hoyerswerda und andere fremdenfeindliche Übergriffe. Das Gericht empfinde die offene und verdeckte Ausländerfeindlichkeit in Deutschland auch als sehr schlimm, betonte Richterin Eschenhagen. Das dürfe aber nicht dazu führen, daß nun jede Äußerung oder jeder Angriff „unbesehen als Ausländerfeindlichkeit“ ausgelegt werde, und daß jeder, der dies kritisch äußere, in die „faschistische Ecke“ gedrängt werde. Auch Deutsche hätten „Ängste“. Und den Eltern von Mete Eksi sei durch „so eine falsche Weichenstellung“ nicht geholfen.

Die Ursachen für den folgenschweren Streit konnte die Kammer laut Eschenhagen nicht klären. Den Angaben von Mete Eksis vier Freunden, wonach die drei Brüder die türkische Sprache „nachgeäfft“ hätten, habe man jedoch nicht geglaubt. Die Richterin begründete dies mit den widersprüchlichen Aussagen der vier Türken. Auch daß das Wort „dreckiger Türke“ gefallen ist, glaubte die Kammer nicht. Denn das habe der Freund von Mete Eksi im Prozeß erstmalig ausgesagt.

Das Verfahren gegen die beiden jüngeren Brüder Martin und Markus Sch. war im Verlaufe des Prozesses gegen Geldbußen eingestellt worden. Damit wurden die beiden so ähnlich behandelt, wie Metes vier türkische Freunde, die zuvor wegen Beteiligung an einer Schlägerei vor dem Amtsgericht gestanden hatten. Den Hauptangeklagten Michael Sch. verurteilte die Kammer wegen Köperverletzung mit Todesfolge in einem minder schweren Fall, weil er zur Tatzeit 1,8 Promille Alkohol intus gehabt hatte. Das Strafmaß von drei Jahre und neun Monaten bewegt sich jedoch im oberen Rahmen; die Höchststrafe ist fünf Jahre. Das Gericht ging davon aus, daß Mete Eksi „völlig unvorbereitet“ von dem Keulenschlag getroffen wurde. Der Nebenklagevertreter der Eltern, Nicolas Becker, hatte wegen der Heftigkeit des Schlages eine Bestrafung wegen Todschlags gefordert. Der einschlägig wegen Körperverletzung und Vergewaltigung vorbestrafte Sohn eines Polizisten bleibt bis zu seiner Ladung zum Strafantritt auf freiem Fuß. Mete Eksis Mutter kommentierte das Urteil fassungslos mit den Worten: „Es gibt keine Gerechtigkeit für Ausländer in Deutschland.“ Die Strafe sei wohl so ausgefallen, weil „sein Vater Kommissar“ sei. Plutonia Plarre