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Eklat im Gerichtssaal

■ Siebter Mauerschützen-Prozeß wurde gestern nach Kontroverse unterbrochen

Berlin. Im siebenten Mauerschützen-Prozeß ist es vor dem Berliner Landgericht gestern zu einem Eklat zwischen der Nebenklage-Vertretung und der Staatsanwaltschaft gekommen. Anwalt Hans-Ekkehard Plöger warf dem Gericht vor, den Zeugen – einen ehemaligen Stasi-Mann – in seiner Befragung schützen und vor weiteren Aussagen bewahren zu wollen. Der Staatsanwalt forderte daraufhin das Gericht auf, „in der Verhandlung begangene Straftaten“ zu protokollieren, da er die „Frechheiten“ der Nebenklage nicht mehr hinnehme. Die Verhandlung wurde unterbrochen.

Dem Eklat waren an den Verhandlungstagen zuvor scharfe Wortgefechte vorausgegangen, da das Gericht die intensiven Zeugenbefragungen durch die Nebenklage-Anwälte kritisiert hatte. Der Prozeß wird nun durch weitere Beweisanträge verlängert.

Die Umstände der Todesschüsse vom 24. November 1986 sind weiterhin ungeklärt. Zeugenaussagen erbrachten keine Klarheit darüber, warum entgegen des Befehls des Kommandeurs der Grenzeinheit die Leiche des Maueropfers in die Militärgerichtsmedizin nach Bad Saarow statt in ein Lazarett nach Drewitz gebracht wurde. Hier verschwanden später alle Dokumente über die Obduktion des Toten.

Die Nebenklage bezweifelt, daß es sich bei dem Toten um Michael Bittner handelte. Sie vermutet, daß Bittner sofort in einem Krematorium eingeäschert wurde, um Spuren zu verwischen. Die Anwälte der Angehörigen stützen sich dabei auf die Aussagen der an der Obduktion beteiligten Gerichtsmediziner, die die Identität des Toten nicht korrekt überprüft hatten. Bittner hatte nach Angaben seiner Mutter eine auffällige Tätowierung, an die sich keiner der Zeugen erinnern konnte. dpa

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