Eklat im Bundestag: Guttenberg weicht Fragen aus
Das Verteidigungsministerium mauert – Die Abgeordneten laufen mit vielen Dutzend Fragen ins Leere. Schneiderhan wirft Guttenberg vor, gelogen zu haben.
Nach nur wenigen Minuten kam es in der Bundestags-Fragestunde zur Kundus-Affäre am Mittwoch zum ersten Eklat. Der Parlamentarische Staatssekretär des Verteidigungsministeriums Christian Schmidt (CSU) sagte, eine Frage des Grünen-Abgeordneten Volker Beck enthalte ihm zu viele persönliche Bewertungen – "darauf brauche ich nicht zu antworten". Protest auf den Rängen folgte.
Der Linke Michael Leutert rief: "Das geht so nicht." Die Grüne Britta Haßelmann klagte: "Wir bekommen keinerlei Informationen." Alles sei entweder Geheimsache oder Gegenstand des Untersuchungsausschusses, der sich zwei Stunden zuvor gegründet hatte. Der Ausschuss wird teilweise geheim tagen – und erst im Januar loslegen.
Der Versuch der Opposition, Informationen aus der Bundesregierung zum Luftangriff im nordafghanischen Kundus herauszuquetschen, blieb im Bundestag zunächst weitgehend erfolglos. Doch ließ manche Nicht-Antwort des Staatssekretärs Schmidt Rückschlüsse zu. So fragte Hans-Peter Bartels (SPD), ob es in der Nacht vom 3. auf den 4. September, als Oberst Georg Klein den Bombenabwurf befahl, "Kontakt zwischen Berlin oder Potsdam und dem Gefechtsstand gab".
Schmidt sagte: "Das kann ich nicht beantworten." Später wich er auf dieselbe Frage so aus, als wenn es eine Weisung etwa aus dem Verteidigungsministerium oder aus dem Einsatzführungskommando in Potsdam gegeben haben könnte. Dies würde alle bisherigen Erkenntnisse über den Angriff auf den Kopf stellen.
Ein klares "Nein" rief Schmidt auf die Frage, ob es einen – verdeckten – Strategiewechsel in Afghanistan gegeben habe, der das gezielte Töten erlaube. Später schob er nach, das bedeute, es habe keine Veränderungen der "rechtlichen Rahmenbedingungen" für den Einsatz gegeben. Dies aber schließt eine Verabredung zu einer militärischen Eskalation nicht aus.
Schmidt entlastete die Bundeskanzlerin Angela Merkel. Diese muss ihre Regierungserklärung am 8. September, in der sie sich Kritik an der Bundeswehr aus dem In- und Ausland "verbat", demnach weitgehend ahnungslos gehalten haben. Das Kanzleramt, sagte Schmidt, habe erst am 10. September den Bericht Kleins erhalten, laut dem dieser die Menschen an den Lkws "vernichten" wollte. Der taz wurde bestätigt, dass auch der erste Bericht des Nato-Aufklärungsteams das Kanzleramt erst am 10. September erreichte – vier Tage nach dem Verteidigungsministerium.
Weitere Verwirrung entstand am Donnerstag über die wahren Gründe, warum Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am 25. November den Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan gefeuert hat. Der Minister sagte, ihm seien Berichte zu Kundus vorenthalten worden. Schneiderhan wirft in der Zeit Guttenberg vor, er habe über diesen 25. November "die Unwahrheit gesagt".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht