Eklat bei Pressekonferenz im Kanzleramt: Politische Botschaften unerwünscht
Auf der Pressekonferenz von Angela Merkel und Recep Tayyip Erdoğan zeigte der türkische Reporter Adil Yigit sein T-Shirt – und wurde rausgeschmissen
Während er abgeführt wurde, rief Yigit mehrfach: „Ich habe nichts gemacht!“. Präsident Erdoğan beobachtete die Szene lächelnd. Auf Anfrage der taz teilt Yigit mit: „Wir waren lediglich vier Journalisten, die Erdoğan-kritisch sind. Die restlichen Journalist*innen waren regierungsnah“. Von seinen Kolleg*innen hätte er sich mehr Solidarität gewünscht: „Ich wurde einfach abgeführt und niemand hat eingegriffen.“
Yigit wurde von den Sicherheitsleuten in ein Nebenzimmer gebracht und gebeten, sein T-Shirt auszuziehen. Danach musste er das Gebäude verlassen, in Begleitung von Polizist*innen, die ihn noch 300 Meter weg vom Kanzleramt eskortierten. Der Zwischenfall dauerte nur wenige Sekunden, im Anschluss ging die Pressekonferenz ungestört weiter.
Regierungssprecher Steffen Seibert verteidigt das Vorgehen des Sicherheitsdienstes. Auf Twitter teilt er mit: „Wir halten es bei Pressekonferenzen im Kanzleramt wie der Deutsche Bundestag: keine Demonstrationen oder Kundgebungen politischer Anliegen.“ Er fügt hinzu: „Das gilt völlig unabhängig davon, ob es sich um ein berechtigtes Anliegen handelt oder nicht.“
Der 60-jährige Sozialarbeiter und Journalist ist auch Herausgeber der regierungskritischen Onlinezeitung Avrupa Postasi. Er war 1978 in der Türkei bei einem Überfall der rechtsextremen Grauen Wölfe verletzt worden und bekam daraufhin Asyl in Frankreich. Heute lebt Yigit in mit seiner Frau in Hamburg. Beim G20-Gipfel war ihm nachträglich die Akkreditierung entzogen worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?