: Ekel vor dem Überperfekten
betr.: „Seufz, oh Mann, die Schiffer“ (Philip Meinhold über die neue Werbekampagne von H&M), taz vom 4. 12. 00
[...] Auch bei uns (nicht lesbisch, nicht Single) hängt das H&M-Werbegeschenk mit der unglaublichen Claudia in der Küche. Seit dieser Kampagne ist es auch im Kreise meiner Freundinnen zu einem der absoluten Topdiskussionsthemen geworden.
Und glaub ja nicht, dass dabei hauptsächlich Ausdrücke wie „doof“, „sexistisch“, „scheißmagere Models“, „verfluchte männerblickdominierte Welt“, „krankes Schönheitsideal“ oder ähnliche gebraucht würden. Nein, nein. Auch wir sind völlig umgehauen von dieser engelhaften Makellosigkeit. Denn ganz recht, es ist kein Mensch, der beim Frühstück auf uns herabblickt, sondern eine perfekt passive Projektionsfläche, die nichts mit der realen Welt zu tun hat und auch nichts zu machen scheint. Deshalb würde ich im Gegensatz zu dir auch nicht auf die Idee kommen, mit Claudia Schiffer „Tatort“ gucken zu wollen.
Es ist mehr so eine Art Ekel vor dem Überperfekten, der mich zu ihr hinzieht. Ich weiß genau, dass sie so nicht existiert. Dass sie ein komplettes Kunstprodukt ist und ich deshalb keine Angst vor ihr zu haben brauche und ich deshalb diese Überperfektion auch absolut schön und geil finden kann. LINA DINKLA, Leipzig
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