Eiskalter Beziehungsstreß

■ Die größen Probleme der Eislauf-Paare sind oft privater Natur/ Die Welt- und Europameister Natalia Mischkutionok und Artur Dmitriew holten mit ihrem Liebestraum die Goldmedaille

Berlin (taz) — Ein riesiges Problem beim Paarlauf scheint zu sein, daß die Paare manchmal Paare sind. Oder waren. Oder sein wollen. Nehmen wir Mandy Wötzel und Axel Rauschenbach aus Chemnitz. Mandy liebte Axel. Axel aber liebt die Ex- Weltmeisterin Anett Pötzsch. Als er mit ihr zusammenzog, zog sich Mandy zurück. Unglücklich verliebt, mußte sie dennoch ständig mit dem Objekt ihrer Begierde trainieren. Klar, daß da die Lust auf den Doppelrittberger vergeht. Die Sprünge klappen nicht mehr, das Selbstbewußtsein sinkt. Auch bei der Kür in Albertville zeigte sie den Axel nur einfach, während ihr Axel ihn doppelt sprang — die gesamte Übung wirkte zögerlich. Platz acht war gleichzeitig das Finale: Das Paar trennt sich.

Oder nehmen wir die Kanadier Isabelle Brasseur und Llyod Eisler. Isabelle liebte ihren Hünen, der Hüne seine mutige Isabelle. Kurz: Sie waren glücklich ineinander verliebt. Doch irgendwann ahnten sie, daß dies erhebliche Probleme („Wenn du nicht spülst, mach' ich nicht die Todesspirale“) mit sich bringen könnte. Vor 18 Monaten wurde zweistimmig beschlossen, sich zu trennen. Ein Psychotherapeut mußte her, um die Vernunftsentscheidung ärztlich zu betreuen. Die Operation gelang. Doch die Folgen? „Gorilla“ Lloyd Eisler, nunmehr bar jeglicher Zärtlichkeit, schmiß seine Partnerin noch heftiger, noch höher, noch weiter als ohnehin schon. In Albertville warf er sie zu den Klängen von Ein Fisch namens Wanda durch die Gegend, als trainiere er für den Zwergen-Weitwurf. Die Ärmste konnte nicht standhalten und öffnete manchen Sprung erst im Liegen. So wurde es Bronze, wo es bei einer fehlerlosen Kür hätte Gold sein können.

Eine andere Paar-Variante probierten Elena Betchke und Denis Petrow aus St. Petersburg. Sie sind verheiratet — und liefen als fast einziges Paar ohne nennenswerte Eisberührung. Die Ehe als Erfolgsrezept? Auch nicht, denn so anmutig die Darbietung auch war, ihr fehlte die ganz große Ausstrahlung. Zuviel Alltag, zuwenig Faszination zwischen den Angetrauten. „Ich bin enttäuscht, so schlecht gelaufen zu sein“, kommentierte Elena die Silbermedaille.

Mit wahrer Liebe kommt man also auch nicht weiter. Da bleibt nur noch eine Lösung: den großen Kindertraum perfekt mimen — die einsame Eisprinzessin, die ihrem beschärpten Prinzen tränenüberströmt in die Arme gleitet. Die einfachste Übung für Welt- und Europameister Natalia Mischkutionok und Artur Dmitriew. Mit ihrer Kür zu Liszts Liebestraum verzauberten sie Zuschauer wie Kampfrichter. Da nimmt man den einfachen Axel sogar für den doppelten, Hauptsache, die beiden kriegen sich. Doch in Wahrheit wollen sie sich gar nicht: Privat sind die beiden, die nunmehr zur Profikarriere durchstarten werden, kein Paar. Doch ihre Emotionsshow ist perfekt. So merkten nur wenige, daß Natalia nicht mehr ganz so schwerelos wirkte. Sechs Pfund hat sie zugelegt. Trainierin Mosquvina ist erbost: Sie war ein federleichtes Wölkchen, nun eine dunkle, schwere Gewitterwolke. Ein wahres Unwetter braute sich auf den Gesichtern von Calla Urbanski und Rocky Marval (USA) nach der verpatzten Kür zusammen. Drei Trainer und zwei Choreographen hatten sie engagiert, und nun das. Wo man doch weder Mühe noch Kosten gescheut hatte: Um die Coaches zu zahlen, malochte Rocky als Truck-Fahrer und Calla als Bardame. Miß