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■ Nach einer Woche blutiger Kämpfe in LibanonEiserner Friede oder Détente?

Sind die Kämpfe zwischen Israel und den muslimischen Fundamentalisten nicht ein weiterer Rückschritt im ohnehin quälenden Nahost-Friedensprozeß? Wie sonst soll man die einwöchigen Raketenangriffe interpretieren? Doch legt sich erst Staub, könnte sich die Wirklichkeit als weniger düster als angenommen erweisen. Im Kontext der Entwicklungen der letzten 18 Monate zeigt sich nämlich in den arabischen wie auch israelischen Reaktionen, daß man sich tatsächlich so nah wie noch nie gekommen ist – politisch und ökonomisch.

Sicherlich verurteilte die arabische Welt sofort die israelischen Angriffe gegen Hizbollah in Südlibanon. Es erfolgte jedoch kein syrischer Vergeltungsschlag. Und auch wenn da Gemurmel war, die Friedensgespräche könnten entgleisen, so zeigten sich doch beide Seiten dem Fortgang der Gespräche verbunden. Tatsächlich erfolgte die syrische Reaktion – für nahöstlichen Standards – mit erstaunlich kühlem Kopf; man beließ es dabei, den Abzug der Israelis aus Südlibanon zu fordern. Zwar hat dies mit der Angst vor dem israelischen Militärpotential zu tun, es meint aber auch, daß für die arabischen Staaten nicht mehr Israel, sondern der radikale muslimische Fundamentalismus die größte Bedrohung darstellt. Zugleich wird damit ein zunehmendes Gespür dafür deutlich, daß sowohl für Israelis wie auch Araber die ökonomische Zusammenarbeit nicht minder bedeutsam ist wie alte politische Rechnungen zu begleichen. Kurz und gut: es gibt eine wachsende Nahost-Détente.

Sie zeigte sich in den letzten eineinhalb Jahren durch einen ständigen Strom von Gesprächen zwischen den zwei Welten. – Die Kontakte zwischen Israel und den benachbarten Staaten sind substantieller und weniger geheim als je zuvor (Waffenkontrolle, Wasser, Straßenbau, Ökologie, Tourismus...). Dies hat mit dem Ende des Kalten Krieges und seinen internationalen Implikationen zu tun. Den größten Katalysator aber bildete ungewollt Saddam Hussein. Sein anti-israelisches Manöver ging einfach nicht auf, was Führer wie Jordaniens Hussein oder Arafat erkennen mußten. Mit der Zunahme des moslemischen Fundamentalismus haben beide Seiten trotz ihrer jeweiligen Traumata, Ängste und Hoffnungen eine gemeinsame Grundlage bei den bilateralen Gesprächen in Washington. In wenigen Monaten wird es weitere politische Zwischenlösungen geben – auch wenn Hisbollah dies zu verhindern sucht. Yossi Melman

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