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Eirollbewegung der Graugans

■ Die Kompanie Tanzhof tanzt aktuelle Themen im Gaswerk

Es geht um Beziehungskonflikte, um Familienhierarchien und um Kindesmißbrauch. Nicht gerade neue, dafür aber ständig aktuelle Themen, mit denen sich zu beschäftigen sinnvoll und nötig ist.

Die Hamburger Kompanie Tanzhof, eine junge Gruppe von Tänzern und Schauspielern, tut dies zur Zeit im Gaswerk. Sie präsentiert ihre Stücke Lulu oder Die Eirollbewegung der Graugans Martina und Alle Tage wieder, die sie 1991 und 1994 zuerst aufgeführt hatten. Während zum kurzen Lulu Teile aus Alban Bergs gleichnamiger Oper laufen, begleitet ein Potpourri aus Stücken von Vivaldi bis Prince das zweite, einstündige Werk.

Die Tanz- und Schauspielparts der einzelnen Darsteller gestaltet der Choreograph Bernd Kühn verhalten. Großen Wert legt er hingegen auf das Gesamtbild in mehrschichtigen, gegenläufigen oder immer wiederkehrenden, sich einhämmernden Sequenzen. Auf ein Bühnenbild wird verzichtet, Requisiten wie Kloschüsseln und Kinderwagen sagen statt dessen, worum es geht. In den urigen Gaswerk-Kulissen kann dieses Spiel seine Wirkung entfalten. Ein wenig mehr Boshaftigkeit, Aggressivität und Deutlichkeit würde der Darstellung von Mißbrauch und Beziehungskampf jedoch guttun, um eben die Aktualität der Thematik hervorzuheben.

Glühwein, dicke Mäntel und Handschuhe sind obligatorische Requisiten der Zuschauer, die Tänzer ziehen sich hingegen immer wieder nackt aus und bewegen sich ohne erkennbares Frösteln. So kommt es zu unangenehmen Ablenkungen: Wie schaffen die Tänzer das, fragt man sich – und vergißt die Konzentration auf das Schauspiel und seine Botschaft.

Nele-Marie Brüdgam

Weitere Aufführungen: heute und Freitag, 20 Uhr, Gaswerk

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