Einwendungen gegen Autobahnausbau: Bürger dürfen Dampf ablassen
Ab Donnerstag diskutiert der Senat die Einwendungen gegen den Ausbau der Autobahn 100 mit den Bürgern. Am Alexanderplatz demonstrieren Gegner des Projekts.
Der Streit über den geplanten Ausbau der Autobahn 100 geht in eine neue Runde. Heute beginnt das Erörterungsverfahren, bei dem Bürgerinnen und Bürger persönlich ihre Einwände mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung diskutieren können. Zum Auftakt planen Bürgerinitiativen und Opposition zudem eine Kundgebung am Alexanderplatz. "Ich bin zuversichtlich, dass die Pläne noch zu stoppen sind", sagte am Mittwoch der Grünen-Sprecher Stefan Gelbhaar.
Etwa 2.500 Einwendungen sind bei der Senatsverwaltung eingegangen. Jeder kann persönlich sein Anliegen vortragen. "Die hohe Zahl der Einwendungen ist ein politisches Signal", sagte Gelbhaar der taz. "Jetzt können die Bürger glaubwürdig darstellen, wie ein Autobahnbau sie selbst betreffen würde - vielleicht überlegt die Politik dann doch noch."
Die Erörterungen sind zunächst für Donnerstag angesetzt, gegebenenfalls geht es am Freitag weiter. Die Betroffenen seien wegen der hohen Zahl an Einwendungen nicht einzeln angeschrieben worden, sondern über die Presse benachrichtigt worden, sagte eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Der Senat hält am Ausbau der gut drei Kilometer langen Verlängerung der Stadtautobahn von der Neuköllner Grenzallee bis zum Treptower Park fest. Er sieht weder Planungsfehler bei der Trassenführung noch beim prognostizierten Verkehrsaufkommen bis 2025 oder bei Überschreitungen der gültigen Grenzwerte für Verkehrsabgase.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung argumentiert, die betroffenen Wohngebiete in Friedrichshain-Kreuzberg und Treptow würden vom Autoverkehr entlastet. Würde der Kraftverkehr auf der Autobahn gebündelt, böten sich in der Innenstadt Freiräume für einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Rückendeckung erhält der Senat dabei von der Industrie- und Handelskammer. Sie erklärte am Mittwoch erneut, der Bau sei unverzichtbar. "Eine Anbindung an die Autobahn erhöht die Chancen für Unternehmensansiedlungen", hieß es.
Anwohner fürchten indes Umweltzerstörung und erhebliche Verkehrsbelästigungen. So müssten teils hundertjährige Bäume gefällt werden und Kleingärten weichen. Es wird damit gerechnet, dass deutlich mehr Autos als bisher unterwegs sind. Zudem sehen Initiativen und Oppositionspolitiker Millionen Euro verschwendet - für ein Relikt aus der Verkehrsplanung der 60er-Jahre. Das Straßenstück soll fast eine halbe Milliarde Euro kosten, der Großteil kommt vom Bund.
Auch die Basis von SPD und Linkspartei hatte sich auf Parteitagen gegen den Autobahnbau ausgesprochen; Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) zeigte sich bislang davon wenig beeindruckt. Die SPD-Fraktion will das Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens abwarten - bis das vorliegt, können noch Monate ins Land gehen.
Gelbhaar rief die Politiker von SPD und Linken auf, sich dem Protest am Donnerstag anzuschließen. "Eins ist klar: Mit dem neuen Verkehrsminister ist es nicht einfacher geworden", sagte der Grünen-Politiker. "Wir müssen das Projekt auf Landesebene kippen." Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat zwar jüngst angekündigt, vor allem im Westen investieren zu wollen - allerdings ist er generell als Freund des Straßenbaus bekannt.
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