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Eintracht Frankfurt gegen Karlsruher SCDumpfe Mottoparty

Eintracht Frankfurt gewinnt ein merkwürdiges Spiel in Karlsruhe und verliert die Kontrolle über seine ballernden Fans.

Wohl kaum buddhistisch erleuchtet, sondern wohl eher zuviel Stanley Kubrick geschaut: Eintracht-Fans Bild: dpa

Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt 0:1 (0:0)

KARLSRUHE taz Rolf Dohmen, der Manager des Karlsruher SC, saß nach dem bitteren 0:1 gegen Eintracht Frankfurt im kleinsten Pressekonferenzraum der Liga auf einem Stuhl neben dem Podium und trank ein Bier aus der Flasche. Direkt vor ihm stand Eintracht-Trainer Friedhelm Funkel und sprach mit den Reportern. So nah, dass fast Körperkontakt bestand, und hinter ihm drohte unverrückbar die Wand. Dohmen drehte sich zur Seite, wo sein Trainer Edmund Becker gerade von einem "bitteren Wochenende" und von einer "Katastrophe" für den KSC sprach. Als Funkel und die Reporter abgezogen waren und Becker bereits ein Paar Wiener an der kleinen Theke verzehrte, sagte Dohmen dann: "Wenn man die Arschkarte hat, dann hat man sie länger."

Diese ernüchternde Niederlage erinnerte die KSCler wieder einmal schmerzhaft daran, dass zum "erfolgreichen Fußball eben auch das Toreschießen gehört" (Becker). Der Trainer hatte wirklich alles versucht und am Ende gar sechs Offensivkräfte auf den Platz beordert. "Mehr geht nicht", seufzte er frustriert.

Bei der Eintracht dagegen war die Erleichterung deshalb riesig. Hätten sie verloren, wären die Frankfurter punktgleich mit dem KSC auf einem Abstiegplatz gewesen. Doch die Analyse dieses fürchterlichen Fußballspiels rief in Frankfurt fast so etwas wie Scham hervor: Man kann auch ganz schlecht spielen, keine Torchancen haben - und trotzdem gewinnen. Der in der Pause eingewechselte Brasilianer Caio traf mit einem gekonnten Schuss aus 18 Metern für die Eintracht zum Siegtreffer (54.). "Für die Mannschaft wird es jetzt schwierig, aus der Situation rauszukommen. Sie hat begriffen, um was es geht, aber sie verliert trotzdem", stellte Dohmen fest.

Sein Frankfurter Kollege Heribert Bruchhagen indes wird nun nicht die Sektkorken knallen lassen. Vor lauter Sorge verbrachte er die letzten Minuten des Spiels rauchend und hin und her laufend in den Katakomben. Stolz war er nicht über die peinliche Leistung der extrem defensiv eingestellten Funkel-Eintracht. Verstört nahm Bruchhagen indes das Verhalten der Eintracht-Fans zur Kenntnis. Als beide Mannschaften aus der Halbzeitpause kamen, flogen aus dem Eintracht-Block Feuerwerkskörper auf den Platz, einer landete in der Nähe des KSC-Torwarts Markus Miller. Schiedsrichter Michael Weiner führte die Spieler wieder in die Kabine, die Partie konnte erst nach fünf Minuten wieder angepfiffen werden.

Was wohl in Gehirnen von Fans wie denen der Eintracht vorgeht, die nach Karlsruhe eine "Mottofahrt" ausgerufen hatten? Die meisten der über 3.000 Eintracht-Anhänger waren ganz in Orange gekleidet. Der Kubrick-Film "A Clockwork Orange", in dem Gewalt eine zentrale Rolle spielt, musste als Mottopate herhalten. Im Buddhismus ist Orange die Farbe der höchsten Stufe der menschlichen Erleuchtung. Im Eintracht Block stehen vermutlich nur wenige Buddhisten. Die Fans hörten mit der Ballerei wohl nur auf, weil sie ihr Pulver verschossen hatten und nicht deshalb, weil Eintracht-Kapitän Markus Pröll sie beruhigt hätte. Der war vor die Kurve geeilt und hatte Abrüstung gefordert.

Schon vor dem Spiel hatte die Polizei Mühe, die Gewaltbereiten aus beiden Fanlagern zu trennen. Feuerwerkskörper wurden auf Polizisten geschossen und Busse beschädigt. Einige Randalierer wurden festgenommen. "Ich werde das nie begreifen", sagte Eintracht-Manager Bruchhagen mit einem Gefühl der Ohnmacht. "Wir können das Gespräch mit den Vernünftigen suchen, aber das können nur die Fans unter sich klären." Doch in den Kurven herrscht bei vielen eine Mischung aus Angst und Hochachtung vor den Anführern der Gewaltbereiten. Und rettender Geist verbirgt sich bestimmt nicht hinter der Tatsache, dass auch viele friedliche Eintracht-Fans dem Motto nachgekommen sind und Orange trugen. So jedenfalls wird es Erleuchtung in den Kurven weiter nur in Form von Feuerwerkskörpern geben.

TOBIAS SCHÄCHTER

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8 Kommentare

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  • ...

    Leute die Worte wie "Gleichschaltung" benutzen, sollten erstmal bei sich selbst anfangen!

     

    Pyros haben nichts auf dem Spielfeld oder insgesamt im Inneraum von Stadien zu suchen!

    Allerdings sehe ich keinen vernünftigen Grund weshalb man sie nicht im Block selbst zünden sollte! Diejenigen die sie zünden, stehen um sie herum und nicht irgendwelche Unbeteiligten. Und wenn mir jetzt jemand erzählen will, dass man selbst in einem Umkreis von mehreren Metern schaden zugefügt bekommen könnte,hat noch nie dabei gestanden.

    Ich habe lieber "brennende Blöcke" als tote Stadien wie in Italien.

    Desweitern kann und wird es sich kein Verein(Bayern München ausgeschlossen) leisten können, seinen "Ultras" Hausverbot etc. zu erteilen. Nicht nur, weil solidarisch sehr sehr viele "aus der Kurve" auch nicht mehr kommen würden, sondern weil die Stimmung im eigenen Staion rapide fallen würde was zur Folge hätte, dass auch ein nicht geringer Anteil des sitzenden Publikums ausbleibt.

     

    Und ein wahrer Fan sollte sich überlegen, ob er sein Auto ab jetzt besser stehen lässt. Ist nämlich auch sehr gefährlich! Nicht dass du es auch erst bemerkst wenn du durch das Fahren deines Autos verletzt wurdest.

     

    MfG

     

    P.S. : Das alles hat nichts mit Bildung zu tun. Ich selbst darf vor meinen Namen ein Dr. setzen und würde trotzdem jederzeit Pyros zünden.

  • EW
    Ein wahrer Fan

    Au weia. Falls ich mittlerweile vergessen haben sollte, warum ich seit einiger Zeit Fußballplätze meide, wird es mir durch die hochgeistige Ergüsse in den Leserkommentaren ganz schnell wieder klar. Mit Interesse an der Sportart Fußball hat das nichts mehr zu tun, sondern nur noch mit, wie Tobias Schächter vollkommen richtig bemerkt hat, mit dumpfer Gleichschaltung - Gewaltbereitschaft inbegriffen. Und Zeitgenossen wie "Pro Pyro" werden es erst dann begreifen, wenn sie selbst durch Feuerwerkskörper o.ä. verletzt worden sind. Auf eine derart ungebildete "Fankultur" kann ich (wie jeder vernünftige Mensch) gern verzichten!!!

  • C
    cosmo

    Ich finde es wirklich sehr erschreckend das selbst Zeitungen wie die taz sich der allgemeinen hetze und polemik einschlägiger Zeitungen und derer journalisten anschliessen. Leider wieder ein Beweis das ,das Niveau der Berichterstattung auf dem Tiefpunkt angelangt ist. Wirkliche Recherchen scheint es wohl nicht mehr zu geben. Ein Sensationsgeiler Journalist irgendeines Schmierblattes wie Bild etc. schreibt irgendeinen Blödsinn und alle springen auf den Zug auf. Traurige Medienlandschaft. Leider wieder eine Bestätigung dessen das es richtig war die taz wieder abzubestellen.

  • PP
    Pro Pyro

    Mal wieder eine geistige Höchstleistung der journalistischen Kaste.

    Nicht nur, dass die Mottofahrt selbst grundsätzlich erstmal überhaupt nichts mit Clockwork Orange (und selbst wenn, was wäre so schlimm daran?) zu tun hatte. Aber da war das Ergoogeln eines irgendwie erklärbaren Zusammenhangs wohl einfacher als vielleicht einfach mal bei den Initiatoren nachzufragen...

    Auch die Hysterie die um die Pyroshow gemacht wird, ist absolut lächerlich. Wird im Ausland gezündelt heißt es "tolle südländische Atmosphere" (lassen sich allein aus den letzten Jahren unzählige Beweise für diese Berichterstattung erbringen), geschieht es in Deutschland heißt es gleich "Chaoten", "Randale" (häh?), "Hooligans" (ja nee, ist klar..), und sogar "Ausschreitungen",...

    Sicher, über die Leuchtspuren lässt sich streiten. Zumindest die die zu tief abgeschossen wurden und deshalb nicht schon in der Luft verglüht sind, hätten nicht sein müssen. Und die Böller waren vielleicht auch etwas übertrieben. Aber da kann ich dem DFB mit seiner Restriktionspolitik nur sagen: selbst schuld! "Alles was wir nicht kontrollieren können, verbieten wir halt einfach". Wenn einer der essentiellsten Bestandteile der Fankultur ganz einfach ausnahmslos verboten wird (seit 2 Jahren sind sogar Wunderkerzen verboten...), muss man sich nicht wundern, wenn bei den dann sowieso schon illegalen Pyroshows die Dinge ab und an vielleicht auch etwas übertrieben werden.

     

    War eine sehr sehr gute Aktion der Frankfurter. Früher auch in Deutschland recht häufig zu sehen, heute leider schon fast ausgestorben. Gutes Zeichen, dass sich Fankultur von Verboten und sonstigen Repressionen nicht unterkriegen lässt.

     

    Never surrender!

  • KZ
    keine zeit

    na wenn das der rudi sehen könnte,wie die taz das bildniveau unterbietet.

     

    herzlichen glückwunsch

     

    p.a.d.f.

  • F
    Fnord

    Sehr geehrter Herr Schächter.

     

    Wenn man Ihre Ausführungen über die Eintracht-Fans liest, dann möchte man Ihnen einen Jobwechsel nahelegen. Journalismus scheint jedenfalls nicht Ihre Stärke zu sein. Vielleicht sollten Sie bei der Welt anheuern.

     

    Herr Weiner ist übrigens Polizist und läßt seine Untergebenen gerne auch mal auf harmlose Fußballfans einprügeln.

     

    Und seid wann ist der Buddhismus eine friedliche Religion. Der Dalai Lama-Hokuspokus zeigt mal wieder Wirkung.

     

    Und nicht vergessen: Never surrender !

     

     

    Mit besten Grüßen

  • TN
    tut nichts zur Sache

    Nach diesem Kommentar muss man wohl feststellen, dass der gute Herr Schächter sicher auch kein Buddhist sein kann.

    Wenn man schon so einen Müll verfasst, sollte man lieber mal vorher recherchieren. Dann hätte man auch erkannt, dass die Mottofahrt nichts mit "A Clockwork Orange" zu tun hatte. Ein Blick ins Forum von Eintracht Frankfurt hätte genügt. Echt peinlich...

  • F
    Frankfurt

    würde gerne mal wissen was die farbe orange mit dem film "a clockwork orange" zu tun hat, außer, dass das wort orange im namen des filmes vorkommt...ziemlich weit hergeholt würde ich meinen... vielleicht zieht man auch orange an weil man es schon 1999 getan hat um aufzufallen und um einfach mal was anderes zu machen... aber der grund ist ja für viele reporter schlicht und ergreifend zu langweilig...

    p.s. ich hatte gestern auch orange an!