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Einseitige Meinungsmache

■ betr.: „Zensur im Cyberspace“, „Die Moral der Biedermänner“, taz vom 30./31. 12. 95, „Compu Serve zensiert mit dem Beil“, taz vom 2. 1. 96, „Wer sucht, weiß, was er finden will“ etc., taz vom 3. 1. 96, „Wie im wirklichen Leben“ von Karin Gabbert, taz vom 5. 1. 96

[...] Die bis dato erfolgte Berichterstattung von Niklaus Hablützel empfand ich als einseitige Meinungsmache, die der Thematik Kinderpornographie nicht gerecht wird und ja auch nicht gerecht werden wollte. Die Botschaft war eindeutig und unmißverständlich: Die Zensur ist eine Ungeheuerlichkeit und durch nichts, auch nicht durch die Verbreitung illegaler Pornographie, zu rechtfertigen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung wiegt zentnerschwer und läßt sich auch mit dem Schutz der Menschenwürde nicht aufwiegen. Zensur ist überhaupt per se reaktionär, und wer will schon in die Nähe reaktionärer Maßnahmen rücken. [...]

Außer Frage steht, daß die Sperrung von 200 Diskussionsforen im Internet für CompuServe- KundInnen, die sich irgendwie mit Sexualität beschäftigen, völlig daneben ist. Diese Aktion ist geradezu lächerlich und überaus dümmlich. Die heftige Reaktion von UserInnen und Medien wird hier hoffentlich auch CompuServe zu mehr Einsicht führen. Doch die Frage, wie die Verbreitung illegaler Pornographie verhindert werden kann, ist eine ernstzunehmende Frage, mit der sich Niklaus Hablützel aber keinesfalls ernsthaft auseinandergesetzt hat.

[...] Zur verharmlosenden Darstellung des Problems hat selbstverständlich insbesondere die bewußte Auswahl des sogenannten „Experten“ Mike Sandbothe beigetragen, der völlig unsensibel zur Problematik kundtun kann: „Solange diese Leute niemanden in seiner(!) Freiheit beeinträchtigen und unter sich bleiben, sollten wir sie hinnehmen“, und der lediglich auf eine mögliche Selbstkontrolle des Systems hinweist (wie naiv!), den Betreiber von Online-Diensten aber nicht belästigt sehen möchte. [...]

Karin Gabberts Artikel war eine Erleichterung für viele Leserinnen. Aber wenn sie davon schreibt, es gehe nicht um Zensur, sondern um die Verhinderung von Straftaten – dann hat sie zwar inhaltlich recht, in bezug auf die taz- Berichterstattung allerdings nicht. Hier ging es nur um das Thema Zensur und um die Grenzen der Freiheit für CompuServe-Kunden. Jutta Vorkoeper, Hamburg

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