Einreiseverbot nach Gaza: Niebel verteidigt Kritik an Israel
Israel lässt Entwicklungsminister Niebel nicht in den Gazastreifen reisen. Der spricht von einem "großen politischen Fehler". Niebel betont, er habe den Konflikt nicht inszeniert – es habe eine Genehmigung vorgelegen.
JERUSALEM/BERLIN taz/dpa | Wenn Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) Israel auf die Probe stellen wollte, dann hat der Prüfling glatt versagt. Niebel, der in diesen Tagen Israel und die Palästinensergebiete besucht, stieß mit seinem Wunsch, einen Abstecher in den Gazastreifen machen zu dürfen, auf strikte Ablehnung. "Einen großen politischen Fehler" nannte er die Entscheidung Jerusalems im ZDF, ihm die Einreise nach Gaza zu verwehren. Das sind ungewohnt harte Worte für einen deutschen Politiker in Israel.
Niebel ist indes nicht der erste, dem eine Absage erteilt wurde. Auch dem französischen Außenminister Bernard Kouchner blieb die Reise nach Gaza verwehrt. Zudem war, Informationen des Deutschen Vertretungsbüros in Ramallah zufolge, der geplante Besuch weder abgesprochen noch angekündigt.
In Jerusalem herrschte entsprechend Verblüffung über die Enttäuschung des Entwicklungsministers. "Das ist schon seit langem unsere Politik", sagte Regierungssprecher Igal Palmor. Hochrangige Politiker dürfen nicht nach Gaza reisen, "weil ein solcher Besuch von der Hamas missbraucht werden würde, um die Illusion zu nähren, die Islamisten unterhielten normale Beziehungen zum Ausland".
Die einzigen Ausnahmen waren die EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sowie Amr Moussa, Generaldirektor der Arabischen Liga. Für sie galt das Einreiseverbot nicht, da sie "Vertreter eines Staatenverbundes sind".
Niebel: Ich hatte Einladung
Niebel sagte in Jerusalem, er habe am Donnerstag das Okay des israelischen Verteidigungsministeriums für den Besuch in Gaza bekommen. Dann habe das Außenministerium dies jedoch nicht gestattet. Damit sei nicht von vornherein klar gewesen, dass er nicht nach Gaza hereinkommt, betonte der FDP-Politiker am Sonntagabend mit Blick auf Vorwürfe, er würde den Vorfall zu einer Inszenierung nutzen und ihm hätte die Einreiseverweigerung klar sein müssen.
Am Montag trifft Niebel mit Israels Präsident Schimon Peres und mit Außenminister Avigdor Lieberman zusammen - das Gaza-Einreiseverbot könnte dabei eine Rolle spielen.
Israel will Embargo lockern
Israel gerät immer stärker unter internationalen Druck, das Gaza-Embargo zu erleichtern, nachdem Ende Mai neun propalästinensische Aktivisten vor der Küste Gazas erschossen worden waren. Letzte Woche kündigte die Regierung in Jerusalem Lockerungen an, ohne jedoch Details zu veröffentlichen. Am Sonntag konkretisierte Israel dann seine neuen Bedingungen für Lieferungen an Gaza.
"Die Minister setzen die Beratungen mit unseren europäischen und amerikanischen Freunden fort", hielt sich auch Regierungssprecher Palmor vage. Er rechnet mit Veränderungen bei der Festlegung und Prüfung der Importware für Gaza. Anstelle von Positivlisten mit Produkten, die für die Einfuhr erlaubt sind, soll es demnach Negativlisten geben.
Bundesentwicklungsminister Niebel zeigte sich im Verlauf seines Besuchs deutlich ungeduldig und forderte, dass "Israel jetzt liefert". Die Regierung in Jerusalem "macht es manchmal ihren Freunden nicht leicht, zu erklären, warum sie so handelt, wie sie es tut". Niebel, der als junger Mann ein Jahr in einem Kibbuz verbrachte und heute Vizevorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe ist, kann sich vermutlich stärker als andere Politiker Kritik erlauben.
In Gaza hatte Niebel mit Vertretern der UNRWA, der UN-Abteilung für palästinensische Flüchtlinge, zusammenkommen und eine Kläranlage besichtigen wollen, die mit deutschen Geldern finanziert wird.
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