berliner szenen: Einmal mit Geld schmeißen
Ich will nicht oft Kleidung kaufen, aber wenn doch, soll es auch das geben, was ich grad suche. Nur gibt es das nicht, und das aus einem Grund, wie mir die Verkäuferin erklärt, die ich frage, ob sie denn hier keine Bootcut-Jeans haben: „Bootcut ist out. Unmodisch!“
„Ich bin also unmodisch. Ach.“
Die Verkäuferin lacht. „So hab ich das jetzt nicht gemeint. Ich mag bootcut ja auch, aber das gibt es halt nicht.“
„Bei Ihnen nur nicht, oder so generell?“
„So generell.“ Jetzt schaut sie mich doch so an, als ob sie denkt, dass ich unmodisch wär, weil ich was will, das so generell out ist. Und vielleicht hat sie Recht, denn als ich zum nächsten Shop geh, schau ich mir unterwegs Beine an: slim und tiny, skinny und straight, und keine Sau trägt Hosen mit untenrum breit.
„Hosen mit untenrum breit?“, frag ich statt „Bootcut?“ im nächsten Laden. Vielleicht wirk ich dann nicht super-unmodisch, wenn ich so ein Generell-out-Wort gar nicht erst in den Mund nehm. Aber die Verkäuferin sieht mich kaugummikauend-herablassend an, und ich geh gleich weiter in Laden Nummer drei. Dann Nummer vier und Nummer fünf, da erfahr ich, dass bootcut seit Jahren out ist – dann geb ich auf. Ich muss wohl zum Second Hand. Dabei wollte ich einmal im Leben ’ne Jeans neu kaufen, einmal im Leben mit Geld um mich schmeißen: Geld hin, Jeans her. Aber irgendwie ist mir das nicht vergönnt, oder vielleicht ist das ja auch out, dieses Mit-Geld-um-sich-schmeißen.
Macht nichts, denk ich, denn zwei Mal minus macht plus, zwei Mal out wieder in, das lernt man schon recht früh in der Schule, wird also stimmen. Dann such ich weiter: zwei, vielleicht sogar drei Jeans auf einen Schlag. So kann ich doch noch mit Geld um mich schmeißen, wenn auch für Second Hand.
Joey Juschka
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