Einkaufen im Schloss Bückeburg: Wo der Unternehmer-Fürst Hof hält

Auf Schloss Bückeburg in Niedersachsen residiert Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe. Gerade hat er mal wieder das Volk zu einer Landpartie geladen.

Ein Schlösschen im Park, aufdem Rasen ein gedeckter Tisch mit weißer Decke, ein Reiter und davor ein Fluss auf dem zwei Schwäne friedlich schwimmen

Wenn es will, darf sich auch das Volk im herr­schaftlichen Schlosspark tummeln Illustration: Jeong Hwa Min

BÜCKEBURG taz | Auf gar keinen Fall darf man die Bückeburg verwechseln mit dem Bückeberg – jenem liebsten Aufmarschgebiet der Nazis zu den pompösen Reichs­ernte­dank­festen, wo die gnädig zu spät Geborenen 70 Jahre brauchten, um sich auf ein Gedenken zu einigen. Der Bückeberg liegt noch einmal 16 Kilometer weiter weg, südlich von Hameln, eine Dreistundenwanderung, wenn man das möchte.

Schloss Bückeburg erfordert anderes Schuhwerk, meistens jedenfalls. Man läuft durch das wirklich hübsche Städtchen im niedersächsischen Landkreis Schaumburg und steht ganz plötzlich auf dem pittoresken Marktplatz vor einem Tor, das wohl einem antiken Triumphbogen nachempfunden wurde, durch das man eintreten kann in eine seltsame andere Welt.

Herrschaftliche Kulisse für Fotos

Der prächtige Schlosspark und der imposante vierflügelige ­Weserrenaissancebau sind in Teilen dauerhaft öffentlich zugänglich, man kann sich durch ausgewählte Räume führen lassen, die Hofreitschule besichtigen, in der Schlossküche speisen, in der Kapelle heiraten und im Schlosspark für Fotos posieren. Und das alles, obwohl er hier noch wohnt, der Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe. Wie es seine Sippschaft seit 1640 tut und vor ihnen andere Adelsfamilien, durchgehend seit der Erbauung im 14. Jahrhundert.

Die Besonderheit

Eine Art Adelsdisneyland – ein bewohntes Schloss, dessen Hausherr sich aus Geldnot volksnah geben muss. Eine originalgetreue Nachbildung vom Schloss (ohne Schlossherr) findet sich übrigens in Japan, wo es als Kulisse für einen Märchen-Themenpark dient.

Die Zielgruppe

Für Liebhaber des schönen Schnickschnacks gibt es an diesem Wochenende noch die „Landpartie“ unter dem Titel „Gartensinfonie“, im Dezember dann den „Weihnachtszauber“. Für echte Architekturliebhaber empfiehlt sich der Besuch außerhalb der saisonalen Veranstaltungen; für Fans von Adelsgetratsche, schönen Pferden oder Statusekel eigentlich immer.

Hindernisse

Eher nichts für schmale Geldbeutel. Aber die Gegend ist nett und bietet auch preiswertere Aktivitäten.

Der Süddeutschen Zeitung sagte der aktuelle Fürst, vom Boulevard liebevoll Schaumi genannt, er bewohne nur elf der 250 Räume des Schlosses. Es ist halt zu viel. Viel zu tun hat er mit dem Erhalt des fürstlichen Erbes, zu dem auch die Festung auf der Insel Wilhelmstein im Steinhuder Meer gehört sowie ein großer land- und forstwirtschaftlicher Betrieb. Schaumi nennt sich deshalb Unternehmer und läuft gern Werbung für die FDP, zu seiner AfD-Cousine Beatrix von Storch hält er aber immerhin sympathisch Distanz.

Mindestens zweimal im Jahr lädt der Fürst groß ein, im Juni zur „Landpartie“ und im Dezember zum „Weihnachtszauber“, daneben gibt es noch das Mittelalter- und Fantasyfestival „Spectaculum“, Musikveranstaltungen und Oldtimerrallyes. Das ist schon eine Menge Volk, das hier durch die Rabatten trampelt. Aber eben auch eine willkommene Einnahmequelle.

Unter einer Landpartie versteht man hier eine Art Riesenflohmarkt für Reiche. Es gibt allerlei Kram, den kein Mensch braucht, von dem aber alle hoffen, dass er ihr Leben schöner macht. Pflanzen natürlich und Gartendeko, Antiquitäten auch und Mode und Schmuck und Kunsthandwerk, alles eher im oberen Preissegment.

Der Fürst erscheint dann und spricht ein paar salbungsvolle Worte über die schönen Dinge des Lebens, von denen er bestimmt viel versteht. Die aktuelle Gattin Nummer drei, die Konzertpianistin ­Mahkameh Navabi, nun Prinzessin zu Schaumburg-Lippe, schneidet mit der goldenen Schere das Band durch, hinter dem jene warten, die für diesen Mix aus Exklusivität und Schlussverkauf 17 Euro bezahlt haben.

Das fürstliche Paar posiert noch geduldig für Fotografen und Fernsehkameras, bevor es dann nach einem der Pavillons entschwindet, an dem die geladenen Gäste Getränke zu sich nehmen und sich große Mühe geben, um sich in Kleidung und Habitus vom Rest zu unterscheiden, wenn schon kein Zaun drumherum ist. Es wird später auch noch eine Hutprämierung geben – ein Hauch von Ascot in der niedersächsischen Provinz.

Ein Schauspiel des Überflusses

Überfluss zelebrieren kann man hier jedenfalls schon sehr lange, das Schloss hat so viele architektonische Wandlungen erfahren, dass es Architekturgeschichte quasi mit Hammer und Wumms unterrichtet. Es gibt Prunksäle, deren Farben und Schnörkel schon an normalen Tagen eine optische Überlastung sind. Wenn sich darin auch noch Aussteller tummeln, die ihre bunte Warenwelt präsentieren, bekommt das Ganze Züge eines Drogentrips.

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Und selbst die Pferde der fürstlichen Hofreitschule fügen sich nahtlos ein. Zu einer Zeit, als das Pferd noch Arbeitsgerät war, dienten sie als Statussymbol, wird bei der Vorführung erklärt. Deshalb sind sie prächtiger und nervöser als alle anderen, heben so staksig die Hufe höher als klug ist und lassen sich auf unsinnige Gangarten wie gezierte Kreuzschritte dressieren. Hauptsache, kein Arbeitstier.

Um das Event mit einem weiteren Promifaktor zu krönen, liest in diesem Jahr mal wieder Judith Rakers. Die „Tagesschau“-Sprecherin hat ja vor ein paar Jahren das Landleben für sich entdeckt und zwei Bücher geschrieben – übers Gemüseziehen und Hühnerhalten. Ihre sympathische Schwärmerei fürs einfache Leben fällt aber nur auf den ersten Blick aus dem Rahmen. Dann macht sie Werbung für ihren Onlineshop mit exklusiven Gartengeräten „NOT made in China“.

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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