piwik no script img

Einigung über BankenunionSchäubles Wunschzettel

Finanzminister der EU einigen sich auf Regeln für die Abwicklung von Pleite-Geldhäusern. Die Europäische Zentralbank äußert sich kritisch.

Von der Pleite bedrohte Banken sollen zuerst von Eignern, Gläubigern und Großanlegern gestützt werden. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Was lange währt, wird endlich deutsch. Nach monatelangen Beratungen haben sich die EU-Finanzminister am Donnerstag auf den zweiten Pfeiler der Bankenunion geeinigt. Die neuen Regeln für die Abwicklung von Pleite-Banken folgen bis ins Detail den Vorgaben von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Schäuble hatte in Kungelrunden Frankreich und den französischen Binnenmarktkommissar Michel Barnier mit harten Bedingungen konfrontiert. Die Sparkassen sollten ausgenommen werden, es solle keine direkten Kapitalspritzen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM geben, der Abwicklungsfonds solle nach deutschem Modell funktionieren. Genau so kam es. Barnier moserte noch über „zu komplizierte“ Regeln für den Notfall. Doch Schäuble setzte sich durch. Er verstehe, dass ihn einige seiner Kollegen mittlerweile nicht mehr sehen könnten, räumte er hinterher ein.

Immerhin haben sich die 28 EU-Staaten nun zum ersten Mal auf gemeinsame Regeln für die Abwicklung von Pleite-Banken geeinigt. Ab 2016 soll nicht mehr wie bisher der Steuerzahler geradestehen, wenn ein Institut zusammenbricht. Vielmehr sollen zunächst Eigner, Gläubiger und Großanleger zur Kasse gebeten werden, danach kommt der Staat und – wenn alles nicht hilft – auch der neue Abwicklungsfonds an die Reihe.

Schäuble verhinderte eine zentrale Schaltstelle in Brüssel. Stattdessen wird eine neue komplizierte Abwicklungsagentur mit nationalen Experten geschaffen. Sie könnte im Ernstfall zu lange zögern, fürchten Kritiker. Zudem entsteht der gemeinsame Abwicklungsfonds erst in zehn Jahren. Am Ende soll er nur 55 Milliarden Euro enthalten – viel zu wenig, um größere Institute zu stützen.

Die EZB hatte deshalb ein Sicherheitsnetz, einen sogenannten „Backstop“, gefordert. Nach einem Beschluss des EU-Gipfels vom Juni 2012 hätte dies der ESM werden sollen. Doch Schäuble war dagegen. Die Frage wurde also vertagt – in der Hoffnung, dass so bald kein großer Bankenkrach kommt.

Vertagt wurde auch ein neuer Vertrag, den Schäuble gefordert hatte, um Ärger beim Bundesverfassungsgericht zu vermeiden. Er soll bis Februar nachgereicht werden. Trotz der noch offenen Fragen lobte EU-Kommissar Barnier die „revolutionäre Veränderung“. Endlich werde ein Schutzwall um die Steuerzahler gezogen. EZB-Vize Vitor Constancio äußerte Zweifel: Entscheidungen könnten zu lange dauern, ohne „Backstop“ würden die Märkte kein Vertrauen fassen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • FL
    Frank Linnhoff

    Welch Ausbund an Inkompetenz und Feigheit, diese europäischen Finanzminister. Geboren haben sie ein weiteres Bürokratiemonstrum, welches zu nichts anderem dienen wird, als sich selbst zu füttern. Warum eigentlich können Pleitebanken nicht abgewickelt werden wie z.B eine Pleitedrogeriekette? Antwort: weil sonst der Interbanken-Zahlungsverkehr zusammenbrechen kann. Und warum dies? Weil über 80% unseres umlaufenden Geldes kein gesetzliches Zahlungsmittel ist, sondern nur Versprechungen der einzelnen Geschäftsbanken, die Kontoguthaben auf Anforderung der Kunden in gesetzlichen Zahlungsmitteln (Papier- und Münzgeld) auszuzahlen. Nur leider können dies die Banken nicht, wenn viele Kunden gleichzeitig auf Auszahlung ihrer Kontoguthaben drängen. Das Naheliegend diskutieren unsere Herren Finanzminister nicht, nämlich: "wie können wir dafür sorgen, dass das Giralgeld auf unseren Girokonten jedem Kontoinhaber gehört und nicht der kontoführenden Bank."

     

    Vor etwas über 150 Jahren haben europäische Finanzminister von einem anderen Kaliber dafür gesorgt, dass die Geschäftsbanken keine eigenen Banknoten mehr drucken durften, sondern nur noch die staatlichen Notenbanken. Heute schöpfen oder zerstören die Geschäftsbanken Giralgeld nach freiem Gusto und verursachen ihre eigene Überschuldung, Finanz- und Wirtschaftskrisen genau wie die Geschäftsbanken es durch ihre Banknoten vor mehr als 150 Jahren taten. Wann endlich bequemen sich unsere Feiglinge von Finanzministern darüber zu diskutieren, dass Giralgeld ebenfalls allein von den Notenbanken geschöpft oder zerstört werden darf?