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Einigung im US-SenatKrieg, aber nur 60 Tage

Demokraten und Republikaner verständigen sich auf eine Strategie für einen Militärschlag gegen Syrien. Russlands Präsident Putin erwägt Zustimmung zu einem UN-Mandat.

Kriegs-Kompromiss am Kaffeetisch. Bild: dpa

WASHINGTON/MOSKAU ap | Im US-Senat haben sich führende Mitglieder von Demokraten und Republikanern auf eine Resolution zur Unterstützung eines Militärangriffs auf Syrien verständigt. Der Einsatz würde aber zeitlich auf 60 Tage begrenzt, was der US-Präsident nur mit Zustimmung des Kongresses um 30 Tage verlängern könnte.

Zudem würden Kampfeinsätze von US-Bodentruppen in Syrien ausgeschlossen, wie aus dem Resolutionsentwurf des Auswärtigen Ausschusses des Senats hervorgeht, der der Nachrichtenagentur ap vorlag. Die Abstimmung soll schon am Mittwoch erfolgen.

Die Einigung erzielten am späten Dienstagabend der Vorsitzende des Ausschusses, der demokratische Senator Bob Menendez, und der Führer der Republikaner in dem Gremium, Senator Bob Corker. Mit dem Angriff wollen die USA auf einen Giftgaseinsatz in Syrien reagieren, bei dem mehr als 1.400 Menschen getötet worden sein sollen. Die USA machen die syrische Regierung, die seit 2011 gegen Rebellen kämpft, für den Giftgaseinsatz verantwortlich.

Die US-Regierung geht aber offenbar davon aus, dass in Syrien schon weit häufiger als bislang bekannt Chemiewaffen eingesetzt wurden. Außenminister John Kerry erklärte am Dienstag vor dem Auswärtigen Ausschuss des US-Senats, die Zahl der Angriffe mit Chemiewaffen liege vermutlich im zweistelligen Bereich. Vor dem mutmaßlichen Giftgas-Einsatz im vergangenen Monat hatten Vertreter der US-Regierung immer nur davon gesprochen, dass es schon mehrere Vorfälle gegeben habe. Kerry erklärte, wenn die USA nicht zu militärischen Mitteln griffen, werde das syrische Regime sicher wieder Chemiewaffen einsetzen

Putin warnt den Westen

Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Westen indes dringend davor gewarnt, ohne UN-Mandat loszuschlagen. Andernfalls habe Russland bereits Pläne für eine Reaktion, sagte Putin der Nachrichtenagentur ap in Moskau. „Wir haben unsere Ideen, was wir tun werden und wie wir es tun werden, falls die Situation sich hin zu dem Einsatz von Gewalt entwickelt“, sagte Putin, der als einer der letzten Verbündeten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad gilt. Es sei jedoch noch „zu früh“ darüber zu reden.

Putin empfing ap am Dienstagabend nahe Moskau gemeinsam mit dem russischen Staatssender Kanal 1. Es war sein einziges Interview vor dem am Donnerstag beginnenden G-20-Gipfel in St. Petersburg. Der Präsident sagte, falls die syrische Regierung tatsächlich nachweisbar Giftgas gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt haben sollte, schließe er eine Zustimmung im UN-Sicherheitsrat einem militärischen Vorgehen gegen Damaskus nicht aus. Doch äußerte er erneut massive Zweifel an einem solchen Giftgasangriff durch Assads Truppen - die Annahme sei „lächerlich“, sagte Putin.

„Von unserem Standpunkt aus, scheint es vollkommen absurd, dass die Armee, die reguläre Armee, die derzeit in der Offensive ist und die in einigen Orten die sogenannten Rebellen eingekesselt haben und sie fertig machen, dass sie unter diesen Umständen anfangen würden, die verbotenen chemischen Waffen einzusetzen - wo sie doch genau wissen müssen, dass dies als Vorwand für Sanktionen gegen sie dienen könnte, die auch Gewalt einschließen würde“, sagte Putin.

Weiterhin sagte er: „Wenn es Daten gibt, dass chemische Waffen eingesetzt wurden, und zwar eindeutig von der regulären Armee, dann sollten diese Beweise dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt werden.“ Diese müssten überzeugend sein. „Es sollte sich nicht auf Gerüchte und Informationen stützen, die Spezialdienste durch Abhören, durch Gespräche und solche Dinge erhalten haben.“ Selbst in den USA fänden einige Experten die von der Obama-Regierung vorgelegten Beweise nicht überzeugend.

Putin verglich das Material mit den angeblichen Beweisen für Massenvernichtungswaffen, mit denen die Bush-Regierung 2003 den Angriff auf den Irak begründet hatte. „Alle diese Argumente erwiesen sich als unhaltbar. Aber sie wurden genutzt, um eine Militäraktion zu starten, die viele in den USA als Fehler bezeichnet haben. Haben wir das bereits vergessen?“

Prüfung der Giftgas-Proben in Deutschland

Ein Teil der von UN-Inspekteuren nach mutmaßlichen Giftgasangriffen in Syrien genommenen Proben wird einem Zeitungsbericht zufolge in Deutschland untersucht. Das Wehrwissenschaftliche Institut für Schutztechnologien und ABC-Schutz (WIS) in Munster in der Lüneburger Heide prüfe unter anderem vorgelegte Betonteile und Textilfasern, berichtete die Süddeutsche Zeitung am Mittwoch. Generell würden dort Proben untersucht, die nicht aus menschlichem Gewebe bestünden.

Dem Bericht zufolge wurde das zur Bundeswehr gehörende WIS durch die im niederländischen Den Haag ansässige Organisation für das Verbot chemischer Waffen mit den Prüfungen beauftragt. Die Bundesregierung sei von der UNO um Geheimhaltung gebeten worden und äußere sich daher nicht zu den Untersuchungen in dem Institut.

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14 Kommentare

 / 
  • KS
    Kritische Stimme

    Den USA kann man den Ueberfall auf Syrien nicht ausreden.Ob das Volk dagegen ist ,ist nicht wichtig.Ursache ist das die US der korrupteste Staat im Westen sind mit ihrem Wahlsystem wobei Kandidaten soviel Geld brauchen um gewaehlt zu werden,das sie in Haende von exzentrischen Miljardairen fallen mit fremden Liebhabereien (Waffenindustrie,Judenlobbies,usw).Anonyme Geschenke an Politikern sind ohne Beschraenkung zulaessig,siehe Welt.de 1/11/2010 Titel”Geld ist der Fluch der Politik in USA”,uebernommen von Kolumnist Dionne,Washington Post.Jetzt diktieren die Miljardaire wie gewaehlt werden muss.und muessen die Politiker teilweise ihre Schuld einloesen.Gegen Korruption helfen keine Argumente wie von Papst Franziskus der auf die Gefahr von Weltkrieg hindeutet oder Waffenexperte das chemische Waffenlager getroffen werden koennen mit verherenden Auswirkungen auf Menschen+Umwelt.Fuer die EU bedeutet dies hoechste Gefahrstufe,nicht einmischen,nur versuchen Feuer zu loeschen.In zukuenftiger Politik damit rechnen das die US nicht normal reagieren

  • J
    Jesaja43

    "Wie bin ich froh! Froh, dass die Amerikaner nur für 60 Tage in den Krieg ziehen wollen! Was soll in sechzig Tagen schon Schlimmes geschehen? Ein bisschen Strafaktion hier, ein bisschen Strafaktion da, und schon ist alles wieder in Ordnung!" Doch Spaß beiseite, ja sind die Amerikaner den mit dem Klammerbeutel gepudert worden?! Glauben sie denn ernsthaft, dass Assad sich ohne Gegenwehr lynchen lässt, wie einst Saddam Hussein? Dass er sich wie Gaddafi in Libyen, von mordlüsternen Rebellen aus einem Abwasserrohr zerren lässt, um sich dann abschlachten zu lassen? Glauben die Amerikaner ernsthaft, dass die Freunde Assads zuschauen werden, wie die Amerikaner die Welt nach ihren Wünschen umgestalten ohne sich dafür am Westen mit Terroraktionen zu rächen? Was wird der Iran tun, wie verhält sich Russland und China? Offensichtlich wurden die Amerikaner tatsächlich mit dem Klammerbeutel gepudert!

  • I
    Info

    Bald mit freundlicher Unterstützung mit Frankreich? Sarkozy hat Frankreich scheinbar umgedreht. Ist Frankreich nun eine Interessenstruppe für die USA?:

     

    http://www.youtube.com/watch?v=6w6T4WmgtSU

  • Die amerikanische Rüstungsindustrie verlangt nach dem 3. Weltkrieg für "die gute Sache". Ist doch immer dasselbe zynische Spiel. Dass der Friedensnobelpreis auf einen Sprengstoff-Fabrikanten zurückgeht, ist nunmal kein Zufall. Seine Verleihung an Obama war "ein Wink mit dem Zaunpfahl".

  • I
    Info

    Tükei und Syrienthema ist ein Thema:

    http://www.youtube.com/watch?v=Lz9H16cOeHc

  • I
    Info
  • N
    Netiquette

    Hier noch eine Seite mit ganz, ganz vielen Infos:

     

    http://www.storyleak.com/brzezinski-global-political-awakening-making-syrian-war-difficult/

     

    Folgendes Brzezinski (US) Zitat solltet Ihr euch merken, es trifft vor allem auch auf euch Journalisten zu:

     

    "...major world powers, new and old, also face a novel reality: while the lethality of their military might is greater than ever, their capacity to impose control over the politically awakened masses of the world is at a historic low. To put it bluntly: in earlier times, it was easier to control one million people than to physically kill one million people; today, it is infinitely easier to kill one million people than to control one million people,” said Brzezinski during a 2010 Council on Foreign Relations speech in Montreal."

    Quelle?

    Hier noch ein schönes Video mit seinem Gefasel. Viel Spaß weiter bei eurer Berichterstattung im Sinne der allies...Tur mir leid, aber an eine Netiquette kann ich mich nicht mehr halten bei euch:

    http://www.youtube.com/watch?v=o-rxVNGCOTg

  • R
    Reiner

    Aus "zwei Tage" wurden "60 Tage".

     

    Da lacht das Herz der Rüstungsindustrie und deren Großaktionäre - und Lobbyisten.

  • GS
    Günter Scholmanns

    Erst hieß es, sehr bigott-christlich, "2 Tage Krieg", jetzt nun 60 Tage mit der Option auch diese nochmals um 30 zu verlängern. Diese neuerliche, amerikanisch-christliche Moraljauche in der Obama und der Senat da wieder mal herumrühren, stinkt doch für jeden selbstständig denken wollenden Zeitungsleser aus allen Rohren. Das kennt die Welt ja nun schon zur Genüge: The lie must go on.

  • Z
    zombie1969

    "Putin deutet Zustimmung zu Einsatz an"

     

    Nun dürfte es auch für den kriegstreibenden und Terrorismus unterstützenden Iran wesentlich enger werden. Daher sind die Sanktionen gegen den Iran weiter zu verschärfen um den Iran völlig zu isolieren und auszudünsten.

  • PH
    Peter Haller

    @Bernd Goldammer

    Ja, das stimmt schon, das mit den Kriegspsychopathen. Aber genauso schlimm, wenn nicht noch schlimmer, empfinde ich dies Arschkriecher von Europäern (allen voran die Franzosen), welche sehr gerne auch ein bisschen Krieg spielen würden, sich aber alleine nicht trauen. Manchmal kommt es mir so vor, als geiern schon sämtliche TV-Anstalten usw. darauf, dass es endlich losgeht und die Welt mal wieder echtes reality-tv vorgesetzt bekommt. Was für ne erbärmliche Gesellschaft haben wir da aufgebaut !!!!

    • R
      Randal
      @Peter Haller:

      @Peter Haller

       

      Ein bisschen Krieg spielten und spielen die Franzosen in jüngster Zeit bereits in Afghanistan, Libyen und Mali. Oder ist das Kinderfasching dort?

  • N
    naseweiser

    Sieht also ernstlich so aus , dass der schon gegebene Stellvertreterkrieg im syrischen Bürgerkrieg sich um die Beteiligung der Big Player USA und Russland erweitern wird . Ende offen , aber mit Schrecken ...

  • W
    Wladi

    Ah, Putin rudert schon zurück und macht Platz für seinen Umschwung, das ist deutlich erkennbar: "die reguläre Armee" in jedem Satz. So kann man das ganze zwar Assad anlasten, aber immer noch sagen "aber das war ja nur eine von ihm befohlene Miliz, nicht die reguläre Armee!" und sich dann darauf einigen, dass man ja davon nieee gesprochen haben.