Einigung im Sudan: Finaler Durchbruch, hoffentlich
Nach mehreren Anläufen steht jetzt endlich die Vereinbarung über eine zivile Übergangsregierung bis zu freien Wahlen im Sudan. Es wird gefeiert.
Nach seiner Verkündung am Samstag wurde das Abkommen am Sonntag paraphiert, in zwei Wochen soll es in Anwesenheit von Regierungschefs aus der Region mit Unterschriften bestätigt werden.
Das Abkommen kommt vier Monate, nachdem Sudans Diktator Omar Hassan al-Bashir durch seine eigene Armee gestürzt wurde, nach anhaltenden Straßenprotesten und Hunderten von Toten. Die Bevölkerung hat es mit Jubel begrüßt.
„Aber wir wissen auch, dass wir nicht alle Wünsche der Bevölkerung erfüllen konnten“, sagt Madani Abbas Mandani von der wichtigsten Oppositionskoalition FCC (Forces of Freedom and Change). „Es gibt viele Herausforderungen für die Zukunft nach 30 Jahren Militärdiktatur von Bashir.“
Miliz unter Armeekommando
Einer der wichtigsten Punkte für die Opposition war die Zukunft der Rapid Support Forces (RSF), die gefürchtete Miliz von General Mohamed Hamdan Dagalo, besser bekannt als Hametti. Die RSF ist verantwortlich für die meisten Toten unter den Zivilisten in den letzten Wochen.
Die Miliz wird jetzt unter das Kommando der Armee gestellt – wobei dies auf dem Papier bereits der Fall ist. „Es ist eine private Miliz, die in der Realität nicht unter einer anderen Autorität stehen wird als die von Hametti. Das war schon so unter Bashir und wird wahrscheinlich so bleiben“, meint Magdi el-Gizouli, ein sudanesischer Akademiker und Mitarbeiter des Rift Valley Institute, der in Deutschland lebt.
Die RSF ist besser bewaffnet als die Armee, weil Bashir für sie mehr Geld freimachte. RSF-Führer Hametti verfügt selbst über große finanzielle Mittel, weil er einen beträchtlichen Teil seiner Miliz für viel Geld an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ausleiht, um auf deren Seite in Jemen zu kämpfen.
Sudans ebenfalls gefürchteter Geheimdienst NISS, der nicht nur Information sammelt, sondern auch eine eigene bewaffnete Abteilung unter anderem mit Scharfschützen hat, wird vom souveränen Übergangsrat kontrolliert werden, der zukünftigen höchsten Macht im Land.
So ein Rat war schon vor einem Monat vereinbart worden. Es werden darin sowohl Opposition als auch das Militär jeweils fünf Vertreter stellen. Ein elftes Mitglied des Rats wird nach Übereinstimmung beider Seiten installiert, wird aber kein Militärangehöriger sein.
Regierung aus Zivilisten
Die Opposition wird einen Premierminister vorstellen, den der Rat bestätigen muss. Diese Person wird dann eine Regierung aus Zivilisten bilden, mit Ausnahme des Innen- und des Verteidigungsministeriums, die vom Militär geführt werden.
Die Opposition wird auch 300 Abgeordnete für das Übergangsparlament benennen. Davon wird die FCC 67 Prozent stellen, der Rest geht an existierende politische Parteien, die nicht mit dem ehemaligen Bashir-Regime in Verbindung stehen.
Sudan braucht dringend eine Regierung. Das Land ist seit Bashirs Sturz Anfang April ohne Führung und die Lage der ohnehin kaputten Wirtschaft ist noch schlechter geworden. Es mangelt an allem.
Obwohl die Abkommen jetzt Hoffnung bieten, werden erst die kommenden drei Jahren beweisen, ob beide Seiten zusammenarbeiten können. „Es gab viel Druck auf beide Seiten, etwas zu unterschreiben: die Unterhändler drängten und die öffentliche Meinung wollte Vereinbarungen“, sagt Akademiker el-Gizouli. „Aber wie das in der Praxis funktioniert, ist eine ganz andere Frage.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!