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Einheitslohn fragwürdig

■ Bundessozialgericht: Rentenkürzung für Stasi-Leute ist verfassungswidrig

Kassel/Berlin (dpa) – Rentner bleibt Rentner: Das Bundessozialgericht (BSG) hält die Kürzung der Altersversorgung von etwa 11.200 ehemaligen Stasi-Mitarbeitern für verfassungswidrig. Das höchste deutsche Sozialgericht rief deshalb gestern das Verfassungsgericht in Karlsruhe an. Dieses muß nun letztverbindlich über die Reduzierung der Renten der früheren Stasi-Mitarbeiter auf maximal 802 Mark entscheiden.

Die Kürzung der Renten durch ein 1991 in Kraft getretenes Gesetz sei nicht mit dem Grundrecht auf Eigentum vereinbar, hieß es. Es fehlte eine verfassungsmäßige Begründung für die Reduzierung (Aktenzeichen 4 RA 33/92). Betroffenenverbände hatten in der Vergangenheit immer wieder moniert, daß durch die Kürzung quasi eine Bestrafung mit den Mitteln des Rentenrechts vorgenommen werden solle.

Geklagt hatte ein 54jähriger Stasi-Oberstleutnant aus Cottbus. Bis zum März 1990 hatte er eine Invalidenrente von 2.110 DDR- Mark erhalten. Diese wurde ihm bereits nach dem von der DDR- Volkskammer verabschiedeten Stasi-Aufhebungsgesetz auf 990 DDR-Mark gekürzt. Nach der Vereinigung wurde dann im Juli 1991 durch das Anspruchs- und Anwartschafts-Überleitungsgesetz die Versorgung auf 802 Mark gekappt.

In der DDR gab es insgesamt 31 Zusatz- und Sonderversorgungssysteme – neben dem für hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter auch solche für Mitarbeiter der SED, des Staatsapparates oder auch der Volksarmee und Volkspolizei. Aber auch Mitglieder des Schriftstellerverbandes, Ärzte und Zahnärzte erhielten mehr Geld. Durch das Gesetz vom Juli 1991 wurden diese Zusatzversorgungen drastisch gekürzt.

Nach Angaben der Bundesanstalt für Angestellte (BfA) sind von den diversen Kürzungen insgesamt etwa 330.000 Rentner betroffen, darunter allein etwa 11.200 Stasi-Rentner. Der Anwalt des Klägers sagte, bundesweit seien bereits rund 1.500 ähnliche Klagen bei den Sozialgerichten anhängig.

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