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Eingriff in KapitalmarktSchäuble will Leerverkäufe verbieten

Der Finanzminister will das gefährliche Instrument der ungedeckten Leerverkäufe komplett verbieten. Schäuble geht offenbar davon aus, dass andere Staaten nachziehen.

Er wolle "ein Zeichen setzen", dass die Finanzmärkte reguliert würden. Bild: dpa

BERLIN taz | Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble plant einen erheblichen Eingriff in den Kapitalmarkt. Sogenannte ungedeckte Leerverkäufe will der CDU-Politiker für Deutschland komplett verbieten. "Das ist ein Signal an die Märkte", sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums am Mittwoch. Schäuble wolle ein Zeichen dafür setzen, dass die Regulierung der Finanzmärkte nicht zum Stillstand gekommen sei. Der grüne Finanzexperte Gerhard Schick begrüßte den Schritt als "überfällig und richtig".

Bei ungedeckten Leerverkäufen bieten Händler an der Börse Aktien an, die sie gar nicht besitzen. Sie spekulieren damit auf die fallenden Kurse der Papiere. Mit Einsatz vergleichsweise geringer Summen lässt sich so ein ungeheurer Druck auf Aktiengesellschaften ausüben. Ungedeckte Leerverkäufe können Firmen in die Pleite treiben.

Deshalb hatte die Bundesregierung Leerverkäufe nach dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers Ende 2008 teilweise verboten. Mit Bezug auf die Aktien großer, in Deutschland ansässiger Banken durften diese Geschäfte nicht mehr stattfinden. Damit wollte die Regierung weitere Zusammenbrüche von Banken und teure Rettungsaktionen durch den Staat verhindern. Das vorübergehende Verbot lief vor Kurzem aus.

Mit seinem überraschenden Schritt zeigt Schäuble zudem, dass die Regulierung der Finanzmärkte auch auf nationaler Ebene möglich ist. Die Regierung argumentiert oft, dass Einschränkungen der Marktfreiheit nicht funktionieren könnten, wenn sie nur ein Land praktiziere. Im Fall der Leerverkäufe geht Schäuble offenbar davon aus, dass andere Staaten nachziehen.

Neben den Leerverkäufen enthält Schäubles Gesetzesankündigung Maßnahmen für einen besseren Schutz von Privatanlegern auf dem grauen Kapitalmarkt. Die Verkäufer von Anteilen beispielsweise an geschlossenen Fonds müssen künftig mehr Informationen liefern. Bei nachweislich schlechter Beratung soll die Bankenaufsicht Bafin einschreiten dürfen. Gerhard Schick bemängelt, dass der Bafin allerdings nicht die komplette Zuständigkeit für den Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen übertragen werde.

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9 Kommentare

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  • M
    MrShortSeller

    man soll nicht über etwas reden und urteilen, was man überhaupt nicht kennt.

    und die meisten hier haben wies mir scheint noch nie einen leerverkauf getätigt.

     

    ein leerverkäufer verkauft nicht einfach was er nicht hat, er muss es sich vorher leihen und er muss für das geliehene sicherheiten und zinsen stellen.

     

    ein verbot von leervrkäufen würde die kapitalmarktstabilität nicht erhöhen sondern senken, denn:

    1. die umsätze und damit liquidität und markt effizienz würden fallen. (jeder leerverkauf muss auch irgendwann wieder gedeckt werden und dann kauft ein leerverkäufer auch)

     

    2. ein leerverkauf lohnt nur dann, wenn ein finanzinstrument kurzfristig, mittelfristig oder langfristig zu teuer bewertet ist gemessen an seinen fundamentalen kennzahlen.

    das blosse "runterprügeln" einer ansonsten so gesunden unschuldigen firma ist ein märchen.

     

    das leerverkaufsverbot soll doch nur ablenken von den wirklichen ursachen:

    die wirkliche ursache ist das langjährige aufblähen des us-immobilien marktes und des ganzen us finanzmarktes mit dem von staatlichen us hypothekenbanken ausgegebenen nicht besicherten hypotheken. aber das ist für die meisten zu abstrakt also sucht man sich simplere sündenböcke die man steinigen kann.

     

    fragt sich eigentlich niemand mal, warum amazon, ebay, intel, microsoft, apple, google, facebook, myspace nicht hier gegründet werden sondern immer in den usa???

     

    weil die usa auch für kleine startups den liquidesten kapitalmarkt der welt bieten!

     

    herr schäuble noch eine idee: verbot von geld und aktien überhaupt, dann kann auch ganz bestimmt nichts böses mehr passieren - zurück in den urwald!

  • Z
    ZeitWirds

    Dann mach doch endlich!

    Und eine Transaktionssteuer mit dazu!

  • K
    kuwer.twoday.net

    Wie schön, dass die Politik sich ihre Handlungsfähigkeit gegenüber den Finanzsystem so teuer zurück gekauft hat. Da ging den auf Geld = Macht Konditionierten endlich ein Lämpchen auf, wenn auch nur ein Kleines.

  • UB
    Ulrich Bogun

    Die erste Idee war: Dafür sollte Schäuble mal ein Lob bekommen. Falsch ist so ein Schritt mit Sicherheit nicht.

     

    Wenn man aber mal die Sache an sich anschaut, offenbart sich doch immer mehr, dass das ganze Gebiet der Finanzen nichts weiter als groß angelegter Betrug ist; ein Monopoly-Spiel, bei dem die Gewinne aber in "echtem" Geld ausgezahlt werden.

     

    Leerverkäufe? Unverfänglicher Name. Doch seit wann kann man etwas verkaufen, dass einem gar nicht gehört? Nun gut, an der Börse wird in Warentermingeschäften ein Vielfaches der zukünftigen Ernte gehandelt. Und verzockt man sich ganz böse mit den nicht vorhandenen Werten, dann zahlt der Verbraucher halt höhere Preise auf Weizen und weitere Grundnahrungsmittel.

     

    Sinnvoll? Plausibel? Erklärbar? Ein Kind, dem man diesen Sachverhalt erklärt, würde das Spiel schnell als Betrug durchschauen. Aber da beispielsweise Banken ohnehin ein Zigfaches des Geldes verleihen, über das sie überhaupt verfügen, und das ja seine Richtigkeit hat (!?), ist es wohl das Kind, das noch viel lernen muss. Vor allem über den Wert des Geldes ...

  • M
    mdarge

    Doch, den Mut seine Prinzipien einem starken Gegenwind auszusetzen hatte Schäuble schon immer. vic stimme ich insofern zu, als der Finanzminister die Regelung erst hat auslaufen lassen, um sie jetzt zu reaktivieren. Die Mehrheiten im Bundestag wären da gewesen, die befristete Regelung von 2008 mit einer einfachen Abstimmung um fünf Jahre zu verlängern.

     

    In wie weit Hedgefonds der Wirtschaft schaden, darüber streiten sich die Geister. Auf keinen Fall dürfen sie jedoch anderen Investoren gegenüber bevorteilt werden, wie es in Deutschland speziell im Immobilienbereich ist. Seit dem über den sozialen Wohnungsbau ausreichend Wohnfläche geschaffen wurde, gibt es erst wieder Klagen über schlecht renovierte Wohnungen und Vergrämung von Mietern Zwecks Wohnungsverkauf, seit dem sich Finanzinvestoren in Immobilien einkaufen.

  • B
    boot

    Soviel Mut hätte ich ihm gar nicht zugetraut, vielleicht wird ja noch was aus ihm als Nicht-Innenminister.

  • V
    vic

    "Schäuble will Leerverkäufe verbieten"

    Worauf wartet er dann?

  • S
    S.F.

    Ich halte das Verbot für richtig, aber nur eine notwendige Maßnahme von Vielen. Der Finanzmarkt, global gesehen ist viel zu wenig reglementiert und erteilt den Börsenspekulanten narrenfreiheit.

    Nach der Lehman-Pleite sollte klar sein, daß Gesetze wie das "Glass Steagall Act" bitter nötig sind. Dieses Gesetz wurde nach dem Börsencrash 1929 erlassen und verbot normalen Geschäftsbanken riskate Spekulationen. Leider wurde es 1999 aufgehoben. Ist es dann ein Zufall, daß plötzlich wieder Finanzkostrukte entstanden sind, die sich von der Realwirtschaft immer mehr entfernt haben?

    Wenn wir diese Entwicklung mit der von 1929 vergleichen, wiederholt sich die Geschichte.

    Meine Meinung:Hedgefonds schaden der Wirtschaft und destabilisiert den Kapitalmarkt. Also müssen Gesetze her, die den Handel mit solchen Papieren verbietet.

  • PP
    Peter Pander

    Wenn Schäuble das durchbringt, baue ich ihm ein Denkmal.