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Eingepfercht und abgezockt

In Wandsbek wurde bei einer Razzia gegen mutmaßlichen Mietwucher ein Gebäude durchsucht

„Diejenigen, die solche Menschen ausbeuten, wissen nun, dass so etwas jetzt tatsächlich verfolgt wird“

Siegmund Chychla, Mieterverein Hamburg

Bei einer Razzia in Wandsbek sind rund 150 Behördenmitarbeiter und Polizisten gegen einen mutmaßlichen Mietwucher vorgegangen. In dem als Hotel angemeldeten Gebäude seien offensichtlich viel mehr Menschen unerlaubt dauerhaft in kleinen Appartements untergebracht als gemeldet, sagte der Sprecher der Sozialbehörde, Marcel Schweitzer, am Donnerstag. Offiziell seien 93 Bewohner dort gemeldet, vor allem Bulgaren. Auch ein Bordell werde in dem Haus betrieben.

Menschen aus Osteuropa hätten auf dem Hamburger Wohnungsmarkt wenig Chancen, sagte Schweitzer. „Das nutzen einzelne Leute aus.“ Gegen diese Leute richte sich der Schwerpunkteinsatz. „Wir wollen an die Hinterleute. Wir wollen nicht, dass Menschen ausgebeutet werden.“

An dem Einsatz waren Bauprüfer, Mitarbeiter von Sozialbehörde, Jobcenter, Zoll, Steuerfahndung und Jugendamt beteiligt. „Wir haben die Bewohnerinnen und Bewohner freundlich gefragt, ob wir eintreten dürfen“, sagte Schweitzer. Viele hätten sich gefreut, „dass überhaupt mal jemand vorbeikommt und nachfragt“. In dem Haus seien auch Familien mit Kindern untergebracht.

In den Wohnungen seien Baumängel und Schimmel festgestellt worden. Außerdem gebe es Verstöße gegen den Brandschutz. „Wir überlegen, ob einzelne Zimmer und Appartements auch dichtgemacht werden müssen“, sagt Schweitzer. Für die betroffenen Bewohner würden Ersatzunterkünfte bereitgestellt.

Das Jobcenter prüfe, ob die Miete, „die wir als Sozialleistung für Menschen übernehmen, nicht zu hoch ist“. Für knapp die Hälfte der gemeldeten Personen habe der Staat die Miete gezahlt. Nun werde überprüft, ob diese Mietverträge, die ohne Quadratmeterangaben und für möblierte Appartements geschlossen wurden, den Vorgaben entsprechen. Der NDR berichtet, dass Mieter angegeben hätten, knapp 700 Euro für rund 40 Quadratmeter zu zahlen, zum Teil in bar an den Hausmeister. Die Behörden wollen nun überprüfen, ob der Vermieter Einnahmen unterschlagen habe.

Der Mieterverein zu Hamburg begrüßte die Aktion. „Das hat eine ex­trem stark präventive Wirkung“, sagte der Vorstandsvorsitzende Siegmund Chychla. „Diejenigen, die solche Menschen ausbeuten, wissen nun, dass so etwas jetzt tatsächlich verfolgt wird.“

Es war bereits der vierte sogenannte Aktionstag, bei dem Hamburger Behörden Hinweisen auf Ausbeutung von Menschen nachgehen. (dpa)

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