„Eine kleine Insel reicht nicht“

Vogelfreie Perle: Insel Trischen vor der Elbe lockt immer weniger Brutvögel an. Natürliche Einflüsse im Nationalpark Wattenmeer als Ursache vermutet

trischen lno ■ Die Vogelinsel Trischen nördlich der Elbemündung lockt heute weniger Tiere als früher an Schleswig-Holsteins Nordseeküste. Viele Brutvogelarten sind in den letzten Jahren verschwunden, wahrscheinlich durch natürliche Veränderungen der Inselstruktur, vermutet Vogelwart Steffen Oppel. So sind die von den Seeschwalben bevorzugten offenen Sandflächen zum großen Teil verschwunden – und mit ihnen auch die Seeschwalben. Stattdessen kamen Wasserralle, Kormoran, Wanderfalke, Löffler und Nonnengans neu auf die Insel.

Doch die alten Bewohner sind nicht ausgestorben. Sie sind nur weggezogen. Zum Beispiel haben die 2002 abgewanderten Brandseeschwalben auf Norderoog eine neue Heimat gefunden, sagt Oppel: „Dort sind sie hohen Fluten weniger ausgesetzt, als auf den flacher werdenden Sandflächen Trischens.“ Und die Flussseeschwalben brüten jetzt an der Festlandsküste.

Fazit des Biologen: Die Arten brauchen Gebiete, zwischen denen sie hin- und her wechseln können, um auf Umweltveränderungen zu reagieren und langfristig überleben zu können. „Eine kleine Insel – und sei sie auch noch so geschützt und naturbelassen – reicht allein nicht aus.“ In Zukunft sollte Trischen nicht mehr als „Perle“ im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer auffallen – der gesamte Nationalpark sollte sich so entwickeln dürfen, fordert Oppel.

Seit mehr als 20 Jahren dürfen Menschen das halbmondförmige Eiland nicht mehr betreten, sodass Trischen sich zu einem nahezu ungestörten Vogelparadies entwickeln konnte. Die 180 Hektar kleine Insel ist der Rest einer Ansammlung von Sandbänken. Aufgrund von Wind und Wasserströmungen hat sie in den vergangenen 100 Jahren etwa drei Viertel ihrer ursprünglichen Fläche verloren. Und Trischen wandert ostwärts, pro Jahr um etwa 30 Meter. In 400 Jahren würde sie bei gleichbleibendem Tempo am Deich des Nordseebades Büsum zur Ruhe kommen.