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Eine karibische Symphonie

■ Die internationalen Olympier trafen sich in Puerto Rico bei Pina Colada und Cuba Libre

Berlin (taz) - Äußerst entscheidungsfreudig zeigte sich, angestachelt von seinem für weitere vier Jahre gewählten Präsidenten Juan Antonio Samaranch, das Internationale Olympische Komitee (IOC) auf seiner 95.Vollversammlung, die diesmal in der Karibik stattfand, damit die Delegierten sich auch ordentlich wohlfühlten. „Wir sind ein Symphonie -Orchester, in dem es außergewöhnlich gute Solisten gibt“, zog der 69jährige Samaranch einen gewagten Vergleich und ließ nicht den geringsten Zweifel daran, wer der Dirigent ist. Es gab praktisch keinen Beschluß, der nicht dem Willen des geschickten Taktierers aus Katalonien entsprochen hätte. Der präsentierte sich, möglicherweise besänftigt von Pina Colada und Cuba Libre, recht milde gestimmt. Huldvoll verzieh er den sieben Boykotteuren von Seoul, inclusive Rädelsführer Kuba, und gnädig nahm er die schwarzen Schafe wieder in den Schoß der olympischen Familie auf.

Einer der vom Maestro erwähnten Solisten war Willi Daume, der einmal mehr ein flammendes Plädoyer für Tennis als Olympiadisziplin hielt und sich tatsächlich durchsetzte. Diejenigen, die diese Entscheidung von einem Ausschluß Südafrikas aus dem Internationalen Tennisverband abhängig machen wollten, blieben in der Minderheit. Dafür wurde beschlossen, daß Sportler, die in Südafrika antreten, auf der Stelle von Olympia ausgeschlossen werden.

Neben den Tennisprofis dürfen zukünftig auch die Großverdiener des Basketball olympische Ehren erringen, sofern sie sich den Regeln der Amateure unterwerfen. Bleibt abzuwarten, ob die Herren Larry Bird, Michael Jordan, Magic Johnson und wie sie alle heißen, tatsächlich bereit sein werden, ihre wertvolle Freizeit mit einem goldträchtigen Aktivurlaub in Barcelona auszufüllen.

Eine Niederlage erlitt das IOC im Streit mit der FIFA. Maradona, Gullit, Careca, Matthäus (Havelange sei Dank) sie alle werden 1992 in Barcelona fehlen. Sie sind schlicht zu alt. Damit der Fußball-Weltmeisterschaft keine Konkurrenz entstehe, wurde eine Altersbegrenzung eingeführt und es werden praktisch U 21-Teams auflaufen. Dafür dürfen entgegen der bisherigen Regelung auch Spieler mitkicken, die schon bei einer WM oder WM-Qualifikation dabei waren.

Abgelehnt wurde die Forderung der Ruder-Olympiateilnehmerin Anita Defrantz aus den USA, DopingsünderInnen sofort lebenslänglich zu sperren. Samaranch: „Sie müssen eine zweite Chance erhalten.“

Sorgen macht den IOC-Symphonikern mittlerweile der Gigantismus der Olympischen Spiele, bislang von Samaranch mit allen Mitteln gefördert. In den letzten zehn Jahren wurde nahezu jede Sportart mit offenen Armen empfangen, zumindest als Demonstrationswettbewerb. Damit soll jetzt Schluß sein. Demonstrationswettbewerbe wird es überhaupt nicht mehr geben, das Programm soll durchgeforstet werden und die Vertreter von Tennis, Tischtennis und Rhythmischer Sportgymnastik, die ihre Disziplinen ausweiten wollten, wurden mit leeren Händen heimgeschickt. Auch die Teilnehmerzahl bei Olympischen Spielen wird möglicherweise begrenzt werden. „Wir müssen über ein Quotensystem nachdenken“, sagte Samaranch, was allerdings keineswegs geschlechtlich gemeint war. Das IOC ist und bleibt ein Männerbund, wie sich das für ein rechtes Symphonie-Orchester gehört. Der Gedanke einer Quotierung a la rotgrün wird hier noch lange auf taube Ohren stoßen.

Matti

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