piwik no script img

■ StandbildEine große Dame

„Profile: Marianne Hoppe“, Mo., 22.15, B1

Marianne Hoppe wird am Freitag 85 Jahre alt. Für Richard Schneider war das nicht der einzige Grund, die Schauspielerin ins Studio zu bitten. Denn Hoppe, die „Ein Schritt vom Wege“, die „Romanze in Moll“ und kürzlich Heiner Müllers „Quartett“ unvergeßlich machte, hätte einiges zu erzählen gehabt – wenn sie denn gewollt hätte. Über die Jahre zwischen 1933 und 1944 zum Beispiel.

Damals war Marianne Hoppe am Staatstheater in Berlin engagiert, 1936 heiratete sie Gustav Gründgens, dem Klaus Mann in „Mephisto“ ein schiefes Denkmal setzte. „Gut geschrieben, das Buch“, bellte Hoppe, von Schneider nach den Avancen befragt, die Gründgens den Nazis machte, nach den Abenden an Görings Kamin, die Marianne Hoppe durch ihre charmante Anwesenheit verschönte.

Nun sollte diese Sendung keinesfalls ein einziges flammendes „Raus mit der Sprache, Frau Hoppe, bekennen Sie sich schuldig!“ sein. Doch es war schon verblüffend, wie die schöne alte Dame alles, was nur im entferntesten ihr höchst angenehmes Leben unter Hitler tangierte, im Nebulösen verschwimmen ließ. Das Äußerste an Auskunftswillen war ein „Alles 08/15, wie das alles ausgelegt wird“. Verwunderlich, denn Hoppe benannte „Präzision“ als eine ihrer herausragendsten Eigenschaften.

Aber auch „Unbelehrbarkeit“. Marianne Hoppes Erinnerungen an ihre Karrierenanfänge in Weimar, an die Berliner Jahre mit Max Reinhardt, Fritzi Massary und Max Pallenberg waren dann wieder erstaunlich frisch. Man ahnte es schon zu Beginn der Sendung, als Hoppe dem Schneider, Richard, gewissermaßen Marschbefehl erteilte: „Sie dürfen mir nicht zu komplizierte Fragen stellen!“ Schneider hielt sich nicht daran, Recht tat er. Unermüdlich und „in aller Dezenz“ fragte er auch nach Marianne Hoppes „gewisser Affinität zu Frauen“. „Ach, es ist alles Liebe, ob Mann, Frau, Hund, Katze“, seufzte die Grande Dame und glitt unverzüglich in ihre heile Kunstwelt.

Intelligenz ist Marianne Hoppe zufolge die Vermeidung politischen Involviertseins. Das Katz-und-Maus-Spiel war unerhört spannend: Da saß ein Mann, der der großen Schauspielerin alle erdenkliche Verehrung zollte, die Zeitgenossin aber nicht freisprach. Und so verließ am Ende eine müde und sehr indignierte Marianne Hoppe das Studio. Anke Westphal

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen