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„Eine ausgemachte Sauerei“

■ Beckmeyer ärgert sich über Genua-Reise – Aserbaidschan hat er vergessen

Für das Verhalten seiner Bremerhavener Parteigenossen, die auf Kosten der Steuerzahler nach Genua reisen wollen, hat Uwe Beckmeyer (SPD), Senator für Häfen und Arbeit, nur Verachtung übrig: „Das ist eine ausgemachte Sauerei“, „eine scharfe Nummer“, „der pure Egoismus“, schimpft der Unterbezirks-Vorsitzende. Um die dreizehn abtrünnigen SPD-Abgeordneten auf ihrem Weg nach Genua zu stoppen, will er den Landesrechnungshof einschalten.

Damit muß Beckmeyer sich beeilen, denn schon nächsten Donnerstag wollen sich die Genossen ins Flugzeug setzen, um sich in Genua das „Acquario die Genova“ anzusehen. Das Großaquarium ist die die erste europäische Anlage des amerikanischen Investors Peter Chermayeff, der ein ähnliches Projekt am Weserdeich plant. Offiziell dient die Reise der „Entscheidungsfindung bei der Planung des Bremerhavener Ocean-Parks“. Eine gründliche Vorbereitung auf eine Entscheidung also – peinlich ist nur, das keiner der reiselustigen Abgeordneten im Stadtpalarment sitzen wird, wenn die Entscheidungen zum Ocean-Park gefällt werden. Die fünf Stadtverordneten, die in der nächsten Legislaturperiode für oder gegen den den Ocean-Park die Hand heben müssen , verzichten auf die Reise.

„Generell ist nichts gegen Informationsreisen zu sagen“, schränkt Beckmeyer ein. Aus gutem Grund: Der Senator ist für seine Reiselust bekannt. Ins Kreuzfeuer der Kritik geriet er, als er 1992 mit einer zehnköpfigen Delegation auf Staatskosten nach Aserbaidschan reiste. Dort lobte der Häfensenator bei dem aserbvaijanischen Bildungsminister Feisullaev „die internationale Erfahrung“ des Berufsbildungs-Institutes in den höchsten Tönen. Seine Aufgabe war das nicht. Er tat damit lediglich dem Bürgerschafts-Abgeordneten Detmar Leo ein Gefallen. Die Firma seines Bruders, Leo-Consult, plante seinerzeit in Aserbaidschan Bildungsprojekte für russische Manager. 1990 verhandelte die Firma Leo deshalb mit dem BBI. Beckmeyer war es dann, der beim Anknüpfen dieser Kontakte in Aserbaidschan behilflich war. Gleichzeitig wurde er als Auslands-Akquisiteur für das Berufsbildungs-Institut aktiv und zwar obwohl der Tätigkeitsbereich der Bremer Angestelltenkammer und ihrer Tochterunternehmen laut Gesetz ausdrücklich auf jene Region begrenzt ist, in der bremische Arbeitnehmer leben. Mit anderen Worten: Die kostspielige Reise hätte er sich schenken können.

Doch daran erinnert Beckmeyer sich nicht gern. Jetzt gilt es diesem „puren Egoismus, der weiterte Sumpfblüten in der SPD treibt“ Einhalt zu gebieten. Denn: „Das Vorhaben beschädigt das Ansehen der Stadtverordnetenversammlung und beschmutzt den sozialdemokratischen Namen.“ Außerdem ist die Reise „nichts weiter als eine touristische Tour nach Genua.“ Er habe sich lange Gedanken gemacht, wie man die Reise stoppen könne. „Es gibt in Bremerhaven offensichtlich keine Kraft mehr, die etwas bewirkt“, klagt der Senator. Deshalb soll jetzt der Landesrechnungshof ran. Der fühlt sich allerdings nicht zuständig. „Den Landesrechnungshof anzurufen ist eine beliebte Sache“, weiß Hans-Dieter Jacobs, einer der Vertreter des Präsidenten des Landesrechnungshofes. „Der Landesrechnungshof ist unabhängig“, betont er. „Der Präsident hat allerdings die Rechtsaufsicht über die Gemeindeprüfung für Bremerhaven. Das ist eine Spezialaufgabe des Präsidenten.“

In dieser Funktion werde der Präsident „sicherlich“ tätig werden. Über eins wundert sich Jacobs allerdings: „In Bremerhaven ist eigentlich das Rechnungsprüfungsamt oder Magistrat dafür zuständig, den Abgeordneten Einhalt zu gebieten. Ich verstehe nicht, warum die nicht eingeschritten sind. Die lesen doch auch Zeitung.“ kes

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