Eine Torte für Rainer Wendt:
taz-Redakteur Martin Kaul hat den streitbaren Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft eingeladen. Doch streiten will er nicht mit Rainer Wendt. Er will sich beraten lassen
Es ist der spannendste Moment der Veranstaltung: Ein junger Mann trägt eine Sahnetorte in Richtung Podium. Rainer Wendt, Chef der deutschen Polizeigewerkschaft, ist kurz verunsichert und sitzt wie versteinert da. Droht ihm jetzt das Beatrix-von-Storch-Treatment? Doch der junge Mann stellt den Sahnekuchen nur vor ihn auf den Tisch. Das Publikum lacht, und Wendt ist erleichtert, dass er ohne Torte im Gesicht weiterreden darf.
Er ist nicht zum Streiten geladen, obwohl der Polizist aus Duisburg derzeit am liebsten einen Zaun um Deutschland ziehen würde, um es vor Flüchtenden abzuschotten, was die meisten ZuhörerInnen nicht so witzig finden. Doch darum geht es nur am Rande. In erster Linie ist das Event eine „Nachhilfestunde“ für die deutsche Linke. Es soll um die öffentliche „Erregungsmaschine“ gehen, die Wendt so erfolgreich für sich nutzt, um „Neuigkeiten aus dem Handwerkskasten eines Populisten“. Anderthalb Stunden lang erklärt Rainer Wendt, wie er seine Arbeit macht und was Linke davon lernen können. Eine Auswahl:
So klappt’s mit den Medien
krasse Dinge sagen und fordern, um Aufmerksamkeit zu bekommen (Beispiel: einen Zaun um Deutschland ziehen)
wenn man die Aufmerksamkeit hat, wieder etwas zurückrudern und seine Forderung relativieren
für Medien ständig verfügbar und flexibel sein
zu den richtigen Zeiten die richtigen Leute anrufen, um Dauerpräsenz in Zeitungen, Internet und Rundfunk zu erzeugen
Sommerpausen und den Januar nutzen, um Themen in der Öffentlichkeit zu setzen
zwei Polizisten in Uniform zu taz.lab-Veranstaltungen mitbringen, die an den richtigen Stellen klatschen
die Familie mitbringen, um sich als nahbaren Mann zu inszenieren
reden, reden, reden
sich wiederholen, sich wiederholen, sich wiederholen
Witze über den eigenen Körperbau und dürftigen Haarwuchs machen (erzeugt Sympathie)
Und so wird man Populist
Mann sein
in der CDU sein
Polizist sein
„aufrecht und gerecht“ sein
Was die taz Herrn Wendt rät
auf sexistische und frauenfeindliche Witzchen verzichten
auf Fragen eingehen
sich eine Antwort auf die Frage nach einer humanistischen Aussage überlegen
auf Eigenwerbungseinlagen (Frühstück mit Merkel, Einladung zum 60sten von Merkel, blablabla) verzichten
ebenso auf langwierige Werbeeinlagen zu seinen Themen (Halterhaftung etc. pp.) verzichten
rechten Publikationen (Compact, Junge Freiheit) keine Interviews geben
Kennzeichnungspflicht für PolizistInnen einführen
Hannah Weiner
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