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Eine Schallmauer fürs Viertel

■ Der Krach um eine Lärmschutzwand entzweit Musiker und Theaterleute/ 20 Bands in der Friesenstraße droht Räumung

Eines der wenigen wilden Kulturbiotope der Stadt droht ausgetrocknet zu werden: Die 20 Bremer Bands, die in den Katakomben der Friesenstraße 20 ihr Domizil gefunden haben, stehen vor der baldigen Räumung. Das Wasser wird ihnen ausgerechnet von einem anderen Zweig der alternativen Kulturszene abgegraben. Das Junge Theater, das im gleichen Gebäude oberirdisch residiert, liegt mit den Musikern seit anderthalb Jahren wegen angeblicher Lärmbelästigung im Clinch. Inzwischen hat sich der Streit auf Gerichtsebene hochgeschaukelt. Vorläufiges Ende: ein Urteil des Bremer Oberlandesgerichts, nach dem die Eigentümerin „die Räumung und Herausgabe“ der Kellerräume verlangen kann.

„Es gibt doch nirgends im Viertel eine so starke Konzentration von Musikern“, sagt André Szigethy. Als Computercrack der „Dry Halleys“ gehört er zu den treibenden Kräften der hochproduktiven Szene. Seit 1989 haben sich die Bands Stück um Stück den brachliegenden Keller umgemodelt: Schwermetaller und Gitarrenrocker, hoffnungsfrohe Popcombos und düstere Technobastler, die sich hier Übungs- und Arbeitsplätze teilen. Alles zur Untermiete beim Spediteur Hartmut Dullien. 300 Mark drückt jede Band im Durchschnitt an Dullien als Monatsmiete ab – „nicht ganz billig“, sagt Szigethy, aber in ähnlich guter Lage einen vergleichbaren Musikraum zu finden, „ist so gut wie unmöglich“.

Daß da Musik im Hause gemacht wird, ist auch der Eigentümerin bekannt, der „Grundstücksgesellschaft Steintor“. Dennoch vermietete sie den vorderen Trakt 1993 an das Junge Theater – damit begann der Streß für beide Seiten.

Denn wenn unten die Bassdrum bollert, fühlen sich droben die Mimen beim Kammerspiel gestört. „Wir können hier nur Theater unter starken Einschränkungen machen“, sagt Carsten Werner, Mitbegründer des rührigen freien Theaterbetriebs. Daß es dabei eigentlich nur um eine Schallabdämmung zwischen zwei angrenzenden Räumen geht, bestreitet er nicht. Aber ein entsprechender Vorschlag der Musiker – vom Sommer letzten Jahres – blieb bis heute ohne Antwort des Theaters. Werner beruft sich darauf, daß man es ja anfangs im Guten versucht habe: Da hatte das Theater eingefordert, daß die Musik ab 20 Uhr zu schweigen habe, um die Aufführungen nicht zu stören; dies sei nicht eingehalten worden. Die Abendstunden sind freilich nicht nur fürs Theater, sondern auch die meisten Musiker die Hauptschaffenszeit.

Seither geht die Sache durch die Gerichte. Szigethy hält den Zwist hingegen weiterhin für lösbar. Die notwendige Schalldämmung, in Form einer Zusatzwand, würde nach Schätzung von Dullien um die 50.000 Mark kosten. „Das kann man sich doch teilen“, sagt Co-Geschäftsführer Uwe Schmiedel; auch die Musiker haben ein entsprechendes Angebot gemacht. Doch der Rest der Beteiligten blockt nach wie vor ab: „Die Isolierung ist nicht unserer Aufgabe“, sagt Werner.

Um ihre Arbeit – und ihre miserable Lage – in der Öffentlichkeit darzustellen, bitten die Musiker nun in den Untergrund. Am Samstag, 11.9., laden sie zum „Tag der offenen Tür“ – wenn nicht vorher der Gerichtsvollzieher kommt. Firma Dullien als Beklagte will zwar in die Revision gehen. Zu spät, früchtet Szigethy: „Wir könnten jetzt geräumt werden und in drei Monaten Recht bekommen.“ tom

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