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Eine Rückkehr ins äthiopische Nichts

■ Zehntausende äthiopische Flüchtlinge in Somalia werden „freiwillig“ repatriiert / Nach acht Tagen im Auffanglager müssen sie ihr eigenes Glück versuchen / Sowohl in Somalia wie auch in Äthiopien droht ihnen die Zwangsrekrutierung in die Armee

Von Dominic Johnson

Berlin (taz) - Zwischen den bürgerkriegsgeschüttelten Staaten Somalia und Äthiopien ist ein gigantischer Flüchtlingstransfer im Gange. Von den Hunderttausenden Äthiopiern, die in den 70er Jahren in Somalia Zuflucht suchten, sollen mindestens 167.000 wieder in ihre Heimat zurückkehren. Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) organisierte bisher die Repatriierung von 14.800 Personen, 40.000 sollen es dieses Jahr insgesamt werden.

Heute wird wieder ein Lastwagenkonvoi mit 604 Rückkehrern in einem Auffanglager in Babile, unweit der Provinzhauptstadt Harer im östlichen Äthiopien, erwartet. Es ist der fünfte solche Konvoi, der im Rahmen des Repatriierungsprogramms nach Babile fährt. Hier halten sich die Rückkehrer acht Tage auf, werden registriert und medizinisch untersucht. Danach werden sie in ihre ost- oder südäthiopische „Heimat“ entlassen. Mit Nahrungsmitteln für zwölf Monate und einer „Starthilfe“ von umgerechnet 116 US -Dollar pro Erziehungsberechtigten und 58 Dollar pro Kind sollen sie dann ihre eigene Zukunft aufbauen, dort, wo sie vor fünfzehn Jahren einmal gelebt hatten. Was für Chancen haben sie dort? Dafür, erklärt ein UNHCR-Mitarbeiter in Genf der taz, sei man nicht zuständig. Denn die Rückkehrer sind keine Flüchtlinge mehr, sobald sie die Auffanglager verlassen. Mit ihrem Geld und ihrem Essen „können sie dann machen, was sie wollen“. Nichtstaatliche Entwicklungsorganisationen sind nicht beteiligt. Die Rückkehrer sind auf sich selbst gestellt. Gegenüber der taz meinte das UNHCR, die äthiopischen Provinzverwaltungen würden für die Rückkehrer sorgen.

Das Repatriierungsprogramm hat seinen Ursprung in dem somalisch-äthiopischen Friedensabkommen von 1988. Darin wurde 10.000 Flüchtlingen die sofortige Rückkehr nach Äthiopien zugesagt. Im Herbst 1989 führte das UNHCR in Zentral- und Südsomalia eine Flüchtlingszählung und -befragung durch und registrierte zunächst 445.652 Flüchtlinge aus Äthiopien. Bei der Befragung sprachen sich 336.000 für eine Integration in Somalia - sprich Einbürgerung - aus. Lediglich 3.000 wollten ihren Flüchtlingsstatus behalten. Über 101.000 optierten für eine organisierte Repatriierung nach Äthiopien, 5.000 wollten es eher auf eigene Faust versuchen. Das UNHCR spricht von noch einmal 60.000 Rückkehrern im Nordwesten, wo aufgrund der Bürgerkriegssituation keine Zählung durchgeführt wurde.

Die Gesamtzahl von 167.000 freiwilligen Rückkehrern, so das Bonner UNHCR-Büro, sei „nicht so groß wie erwartet“. In den letzten Jahren wurde das UNHCR verschiedentlich dafür kritisiert, daß es in Somalia Dauerflüchtlinge geschaffen und sich nicht um die Aufrechterhaltung einer Rückkehrperspektive gekümmert hätte. Im UNHCR -Repatriierungskonzept steht nun, daß „die Mehrheit der Flüchtlinge jetzt in Sicherheit zurückkehren könnte und dazu ermuntert werden sollte“. Andere bezweifeln diese Auffassung. Ein Oromo-Sprecher meinte, in Somalia lebende Flüchtlinge seien einem starken Druck ausgesetzt. Da sowohl in Somalia wie auch in Äthiopien Flüchtlinge zwangsrekrutiert würden, sei von einer freien Wahl zwischen den beiden Staaten kaum zu reden. Die Oromos, die einen Teil der Rückkehrer stellen, kämpfen in Südäthiopien gegen die Zentralregierung, stellen jedoch gleichzeitig die Mehrheit der Regierungsarmee und werden bevorzugt für den Kampf gegen die Eritreer im Norden eingesetzt.

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