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Eine Nachkriegsgeschichte„Ich wollte mein Recht“

■ 46 Jahre kämpfte eine Bremerin um die entzogene deutsche Staatsbürgerschaft

46 Jahre mußte die Bremer Familie Szwajka staatenlos in Bremen leben, bis sie endlich zu ihrem Recht kam: 1993 überreichte der damalige Bremer Bürgermeister Wedemeier dem ehemals als Zwangsarbeiter aus Polen verschleppten Oleksa Szwajka eine Einbürgerungsurkunde – und bat im Namen Bremens um Entschuldigung für erlittenes Unrecht. Seine Ehefrau Wilma sich hatte zwei Jahre zuvor per Anwalt ihre deutsche Staatsbürgerschaft zurück erkämpft. Die war ihr nach der Heirat mit dem staatenlosen Oleksa Szwajka aberkannt worden war. Bis heute ist das Bremer Ehepaar für zu Unrecht erlittenes Leid nicht entschädigt worden.

Über die ungewöhnliche und schwere Nachkriegsgeschichte der Szwajkas wird am heutigen Montag aus Anlaß der Veranstaltungsreihe „50 Jahre deutsche Geschichte“ öffentlich berichtet. Dabei werden auch Mitglieder der Familie Szwajka anwesend sein. „Was wir erlebt haben, das geht tief und zieht sich bis in die nächsten Generationen“, sagt Wilma Szwajka noch heute. In Begleitung ihres Anwaltes und ihrer Enkelin wird die Bremerin auf Einladung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Stationen ihres Lebens und ihres Kampfes um verlorene Bürgerrechte und „gegen Behördenwillkür“ nachzeichnen.

Der Kampf der Eheleute Szwajka begann zu einem Zeitpunkt, als alles hätte gut enden können: Die Naziherrschaft war schließlich vorbei, als die Bremer Tochter des verfolgten Kommunisten Johann Heinrich Georg Helmers sich in den ehemaligen Zwangsarbeiter Oleksa verliebte. Der, ein Sohn polnischer Kleinbauern, war 1942, 19jährig, aus Galizien nach Deutschland verschleppt worden. Unter entsetzlichen Arbeits- und Lebensbedingungen hatte er den Krieg und die Bremer Fron – für immer lungenkrank – überlebt. Dennoch, als der staatenlos gewordene Oleksa vom Tod seiner Eltern erfährt, entschließt er sich zum Bleiben.

Zwei Wochen nach Inkrafttreten des Grundgesetzes, im Juni 1949, heiraten er und Wilma. Wenig später wird ihr die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen – das Paar wird staatenlos. Gesetzeswidrig, wie das Bremer Verfassungsgericht 42 Jahre später feststellt. Sie hätte ja keinen staatenlosen Zwangsarbeiter heiraten müssen, hatte Wilma Szwajka sich zuvor von Behörden anhören müssen. Unverständnis war ihr auch entgegengeschlagen, weil sie – entgegen aller Ratschläge – kein Einbürgerungsverfahren betrieb. Stattdessen bestand sie darauf, daß das ihr zugefügte Unrecht zurückgenommen werde.

ede

Die Veranstaltung beginnt heute um 19 Uhr in der Landeszentrale für politische Bildung am Osterdeich 6.

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