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Eine Kette von Kuriositäten

■ Bau-Verein wortbrüchig? Mietraum in Eilbek soll in Eigentumswohnungen umgewandelt werden / Scientology-Kontakte unklar Von Uli Baumgärtner

Umstrittene Wohnungsumwandlungen, mögliche Scientology-Seilschaften und mysteriöse Verkäufe von Häuserblöcken des Bau-Vereins zu Hamburg: Die MieterInnen im Stadtteil Eilbek sind verunsichert. „Rund 200 Wohnungen“, schätzt Willi Lehmpfuhl vom Mieterverein zu Hamburg, „hat der Bau-Verein zum 1. November 1995 an die Hamburger Immobilienfirma Lars Hansen GmbH verkauft“. Den MieterInnen der ehemals gemeinnützigen Wohnungen in der Seumestraße 37-51, Wielandstraße 40-54 und Eilbektal 66-68 droht nun der Verlust ihrer heimischen vier Wände:

Die Lars Hansen Immobilien GmbH kündigte ihnen im Dezember schon mal an, sie wolle ihre gerade erworbenen Domizile in Eigentumswohnungen umwandeln. Und fügte dem Schreiben unaufgefordert das große Ehrenwort hinzu: „Ich erkläre ausdrücklich, daß keinerlei Verbindung zwischen mir und den Scientologen besteht.“ Das ist aber nur eine Merkwürdigkeit in einer Kette von Kuriositäten, die den Mieterverein stutzig gemacht haben. Der Architekt, den die neuen Besitzer zur Erstellung der Bauzeichnungen und Aufteilungspläne engagierten, heißt Thomas Hol-stein und ist auch für Firmen tätig, die nach Angaben des Mietervereins erwiesenermaßen für den US-Psycho-Sektenkonzern arbeiten.

Der Bauverein seinerseits behauptet, das Eigentum schon übertragen zu haben: „Die Grundbucheintragung ist aber noch gar nicht geändert“, vermutet Lehmpfuhl, daß es der Wohnungsgesellschaft peinlich ist, ihre eigenen Versprechen zu brechen. In einem Artikel des Hamburger Abendblatts vom Oktober 1993 wurde unter der Überschrift „Neuer Großaktionär bei Wünsche“ das Unternehmensziel folgendermaßen formuliert: „Der Bau-Verein verzichtet in seinem Stammgebiet Hamburg auf Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und auf deren Verkauf.“ Gegenüber der taz erklärte eine Bau-Verein-Mitarbeiterin gestern schroff, „dazu“ gebe man „keine telefonischen Auskünfte“. Bei der Lars Hansen Immobilien-Gesellschaft gab sich immerhin ein Mitarbeiter die Ehre: „Wir wollen gar nicht, daß die Mieter ausziehen. Selbst bei einer Umwandlung gilt eine zehnjährige Sperrfrist.“

Kommunikationsfreudiger ist da der Mieterverein: Als Vertreter der Eilbeker MieterInnen bittet er den Bau-Verein in einem Schreiben, die Eigentumsverhältnisse offenzulegen. „Wir wollen, selbst wenn die Häuser weiterverkauft werden, lebenslanges Mietwohnrecht erstreiten“, kündigt Lehmpfuhl an. Weitere Arbeit im Streit um die Umwandlung erwartet ihn schon: „1000 andere Wohnungen sind gefährdet. Seit der Wünsche-Konzern die Aktienmehrheit erworben hat, wurde und wird der Wohnungsbestand des Bau-Vereins sukzessive verkauft“, bedauert Lehmpfuhl.

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