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Eine Idee von Komik

■ Das Schweizer »Rotta Theater« zeigt »Die Wiederkäuer« in der Bar jeder Vernunft

Wenn es ihm einmal so richtig schlecht geht, dann muß sich Wolfram Berger nur suggerieren, er habe den Grund des Mißbehagens selbst erfunden; alles um ihn herum sei nur das Produkt seiner Gedanken, und prompt geht es ihm besser. Mit dieser Selbstüberlistung schlägt sich der Mann vom Rotta Theater durchs Leben. »Vielleicht habe ich auch den heutigen Abend erfunden«, erklärt er zu Beginn der Vorstellung den Zuschauern in der Bar jeder Vernunft. Leider hat er das nicht.

Im Eiltempo lösen sich kleine Sprech- und Deklinationsübungen, biographische Anekdötchen und (zugegeben äußerst gelungene) Gesangspersiflagen von den Beatles bis zu Tom Waits ab. »Kunst kommt von können«, weiß einer der drei »Wiederkäuer« zu berichten, und damit das Spektrum künstlerischen Vermögens auch ja nicht zu eng bleibt, hat sich das Trio auch genau drei Zaubertricks angeeignet, die wie zufällig ins Programm gestreut werden.

»Une Soirée récréative« untertiteln die »Wiederkäuer« ihr Programm zum Wiedererkennen. Die Absicht ist klar: Orientiert an großen Vorbildern wie den Marx-Brothers oder Karl Valentin, möchten Wolfram Berger, Ueli Jäggi und Jürg Kienberger weg von allzu glatter Dramaturgie. Assoziationen sollen greifen, aus einem Satz, einer Bewegung oder einem Song entsteht scheinbar spontan eine neue Geschichte. Nur: was qua Idee absurd- komisch sein könnte, versandet hier in quälender Langeweile.

»Kennen Sie den Unterschied zwischen einer Uhr und mir? Die Uhr ist dafür da, daß Sie merken, wie schnell die Zeit vergeht. Ich bin dafür da, daß sie nicht merken, wie schnell die Zeit vergeht.« Dieser nur mäßig witzige Witz wird als solcher auch von den Interpreten erkannt — und trotzdem fünfmal wiederholt; denn »um sein Niveau zu heben, muß man sich unter sein Niveau begeben.« Das Publikum wird nicht nur an dieser Stelle beschimpft, durch die gesamte Vorstellung hindurch versucht das Trio, abschreckend-peinliche Verhaltensmuster vorzuführen oder die Zuschauer zur Mitarbeit an ihrer Bloßstellung aufzufordern. Eine riskante Gratwanderung: funktioniert sie, kann ein zynisch-böser Abend entstehen. Der Funke ist jedoch — zumindest an diesem Abend — nicht übergesprungen, die Angriffe prallten bumeranggleich auf die Darsteller zurück.

Verschroben möchten die drei sein, jeder in seinem ganz persönlich herausgearbeiteten Typ. Wolfram Berger, der Entertainer der Truppe, versucht, in seiner suggestiven Gott- Rolle aufzugehen, erreicht dabei gerade das Niveau amerikanischer Showmaster. Und zwar ohne Persiflage. Ueli Jäggi, der lange, hagere, versucht es mit knochentrockenem Humor und erzählt die wohl längste und langweiligste Theateranekdote, die im Umlauf ist. Jürg Kienberger, der verwirrte Musiker, hat Glück gehabt: Seine Textmenge beschränkt sich auf ein Minimum, und die musikalischen Einlagen gehören zu den wenigen Höhepunkten dieses Abends.

Zusammen wie allein finden die drei nicht die richtige Mischung für wirklich gutes Entertainment. Es fehlt an Spannung, ohne die die Vorstellung in peinliches Zurschaustellen abdriftet. Wolfram Berger sollte diesen Abend noch einmal neu erfinden. Anja Poschen

Die »Wiederkäuer« sind noch bis Ende August freitags bis montags jeweils 21 Uhr in der Bar jeder Vernunft, Schaperstraße 24.

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