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Eine Dekade sozialen Wandels

■ Außer dem Lebensgefühl hat sich kaum etwas geändert / Nicht alles schlecht, was in 40 Jahren war / 1.300 DDR-Bürger äußerten sich zu ihren Zukunftsaussichten

Berlin (ap/taz) - Außer dem Lebensgefühl in der DDR hat sich in den Augen vieler Bürger bisher nicht viel geändert. Berliner Soziologen vom Institut für Sozialwissenschaftliche Studien berichteten gestern über die Ergebnisse einer Umfrage, in der sich 1.300 Befragte Anfang Juni über ihre Zukunftsaussichten äußerten. Das Einkommen sei in etwa gleichgeblieben, die Mieten auch, hieß es. Neue Reisemöglichkeiten und die größere politische Mitsprache förderten die Zustimmung zur politischen Entwicklung. 75 Prozent bejahten diese, nur 20 Prozent lehnten den Wandel ab.

Am enthusiastischsten sind der Studie zufolge die 40- bis 49jährigen. Dagegen reagierten die Menschen kurz vor dem Rentenalter skeptisch. Sie stimmen der Entwicklung nach den Zahlenangaben nur zu 66 Prozent zu. Auch die Jüngeren, die noch in Ausbildung stehen, seien bei weitem nicht so überzeugt wie die 40jährigen.

Die überwiegende Mehrheit der DDR-Bürger hält der Umfrage zufolge nicht alles an ihrem Staat für schlecht. 78 Prozent vertreten die Meinung, daß in den 40 Jahren DDR so manches entstanden sei, „das ich gut finde und das im künftigen Gesamtdeutschland erhalten bleiben sollte“. Nur 16 Prozent meinen: „40 Jahre DDR - das waren 40 Jahre umsonst. Jetzt sollte möglichst schnell alles so werden, wie es in der Bundesrepublik ist.“ Je höher das Bildungsniveau, desto weniger negativ urteilten die Menschen über ihren Staat.

Der Zug nach dem Westen ist weiterhin vorhanden. Zwei Prozent würden „auf jeden Fall“ in die BRD gehen, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Zehn Prozent würden das „möglicherweise“ tun. Projektleiter Albrecht Kretzschmar erklärte, die Mehrheit erwarte in den nächsten zwei Jahren Verbesserungen der sozialen Lage. Es bestehe die Möglichkeit einer starken Identifikation mit dem zukünftigen Deutschland. Sollten die Menschen jedoch erneut frustriert werden, wachse der Nährboden für soziale Spannungen und Nationalismus.

Das Institut für Sozialwissenschaftliche Studien mit seinen 30 Mitarbeitern ging aus der Akademie für Gesellschaftswissenschaften der SED hervor. Geschäftsführer Frank Adler betonte, das Institut sei nun unabhängig. Es finanziert sich jedoch durch einen Lohnvorschuß der ehemaligen Akademie.

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