■ Die Anderen: Eine Auswahl baskischer Pressestimmen zum Waffenstillstand der ETA
Eine Auswahl baskischer Pressestimmen zum Waffenstillstand der ETA:
„El Diaria Vasco“ aus San Sebastián schreibt: Wir Bürger können unsere Verantwortung nicht auf die Politiker abschieben. Wir sind ebenfalls gefragt, auf diesem neuen Weg, der sich heute vor uns öffnet. Wir dürfen nicht vergessen, daß nur das Volk souverän ist. Niemand kann stellvertretend für uns über unsere Zukunft bestimmen. Auf der anderen Seite müssen wir eine Haltung einnehmen, die eine Aussöhnung innerhalb der baskischen Gesellschaft ermöglicht. Diese Aufgabe kann uns niemand abnehmen. Je mehr wir uns dabei einbringen, um so schwerer wird es für ETA sein, zu den Waffen zurückzukehren. Denn wir schaffen damit ein Klima, in dem jedwede verbale Rechtfertigung der Gewalt in einer überwältigenden Woge von Friedfertigkeit ersticken muß.
„El Correo Espanol – El Pueblo Vasco“ aus Bilbao meint dazu: In dieser historischen Situation müssen alle politischen Mechanismen einer starken und gefestigten Demokratie in Gang gesetzt werden, um eine Antwort zu geben, die den Waffenstillstand von ETA unumkehrbar macht. Die Parteiinteressen müssen hinten anstehen. Das ist der richtige Schritt, den eine Gesellschaft, die auf ethischen Prinzipien beruht, mit aller demokratischen Würde machen muß.
„Die Deia“ aus Bilbao schreibt: Wir sind an „Punkt 10“ des Paktes von Ajuria Enea von 1988 [Antiterrorpakt aller demokratischen Parteien Spaniens; Anm. d. Red.] angekommen, der den Dialog für den Fall vorsieht, daß die Waffen schweigen. Das läßt sich nur schwer bestreiten, auch wenn diejenigen vor Überraschung erstarrten, die darauf vertrauten, daß es nie zu diesem „Punkt 10“ kommen würde.
Jetzt stehen wir vor der großen Frage: Was machen wir mit der Verfassung und dem baskischen Problem? Eine Frage, die nicht ausgeklammert werden kann, genausowenig wie das in Stormont im Falle Nordirland möglich war. Da darf sich keiner etwas vormachen.
„Diario de Navarra“ aus Pamplona schreibt: Jetzt müssen wir prüfen, ob ein Waffenstillstand – dem zweifelsohne eine ernsthafte und dauerhafte Entscheidung zugrunde liegt – andere negative Aspekte aufwiegt: die Forderung nach Selbstbestimmung, die Forderung nach Abzug der Guardia Civil aus dem Baskenland, das Ende von Koalitionsregierungen mit spanienweit agierenden Parteien, die Freilassung der Gefangenen der ETA. Und vor allem das Risiko eines noch tiefergreifenden gesellschaftlichen Bruches zwischen den Anhängern der Volkspartei (PP) und der Sozialistischen Partei (PSOE) im Baskenland und denen, die sich den Nationalisten zurechnen.
Zusammengestellt von Reiner Wandler
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