Einbürgerungen: Die Welt wird wieder deutscher
Die Anzahl der Einbürgerungen steigt erstmals seit 2001 wieder. Größte Gruppe sind nach wie vor die Deutschtürken.
Der richtige Zeitpunkt für eine Einbürgerung ist eine heiß umstrittene Frage in der Politik. Während Konservative wie der hessische Ministerpräsident Roland Koch den deutschen Pass häufig erst als eine Art Belohnung für die gelungene Integration überreichen wollen, sehen andere darin bereits einen Schritt auf dem Weg zur Eingliederung in die deutsche Gesellschaft. Beide Seiten mussten in den vergangenen Jahren konstatieren: Der Ansturm auf die deutsche Staatsbürgerschaft ist ausgeblieben. Doch jetzt verzeichnet das Statistische Bundesamt erstmals seit 2001 wieder einen Anstieg bei den Einbürgerungen.
124.830 EinwanderInnen erhielten im Jahr 2006 einen deutschen Pass. Das waren 6,5 Prozent mehr als im Jahr davor. Vom Höchststand im Jahr 2000, als das neue Staatsangehörigkeitsrecht eingeführt wurde, ist das allerdings noch weit entfernt: Damals wurden 186.700 EinwandererInnen eingebürgert. Danach gingen die Zahlen kontinuierlich zurück. Die meisten Eingebürgerten stammen aus der Türkei, es folgen Serbien/Montenegro und Polen.
Die größte Steigerungsrate gab es im vergangenen Jahr jedoch bei den Zuwanderern aus Israel. Sie machen zwar nur einen kleinen Teil der Eingebürgerten aus, mit 4.300 sind es aber mehr als doppelt so viele wie im Jahr 2005. "In Israel gibt es seit einigen Jahren den Trend, sich eine zweite Staatsbürgerschaft in Amerika oder der EU zuzulegen", heißt es dazu im Stab der Integrationsbeauftragten. Mit der angespannten Sicherheitslage in der Region habe sich diese Tendenz verstärkt. Erleichterten Zugang zum deutschen Pass haben Israelis - und auch Angehörige anderer Staaten - dann, wenn ihre Vorfahren von den Nazis ausgebürgert wurden.
Nicht ganz so rasant, aber auch auffällig ist der Anstieg der Einbürgerungen aus dem ehemaligen Serbien-Montenegro. 12.600 Menschen aus dieser Region bekamen 2006 den deutschen Pass, das sind 43 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Dabei, so heißt es bei der Integrationsbeauftragten, handele sich häufig um Kosovo-Albaner. Die Vermutung: "Seit 2006 gibt es eine Vereinbarung, dass wir für Einwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien die Mehrstaatlichkeit hinnehmen, das schlägt sich jetzt nieder."
Fast 33.400 TürkInnen wurden deutsche Staatsbürger, das sind nur 2,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Viele Einwanderer wollen ihren türkischen Pass nicht abgeben, müssen das aber, weil es kein Recht auf die doppelte Staatsbürgerschaft gibt. Bei der Integrationsbeauftragten geht man sogar davon aus, dass ein großer Teil der Neueingebürgerten schon einmal Deutscher war. Seit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts müssen Eingebürgerte, die später ihre alte Staatsbürgerschaft wieder annehmen, die deutsche wieder abgeben. Davon waren bis zu 50.000 Deutschtürken betroffen. Ein Teil von ihnen könnte nun die deutsche Staatsbürgerschaft ein zweites Mal bekommen haben.
Wer sich einbürgern lassen will, muss unter anderem mindestens acht Jahren rechtmäßig in Deutschland leben und eine gültige Aufenthaltserlaubnis haben. Während manche Bundesländer Sprachtests durchführen, testet Sachsen seit Jahren das Allgemeinwissen über Deutschland, Baden-Württemberg seit Anfang 2006 die Verfassungstreue der Einwanderer. Künftig soll es für Einbürgerungswillige bundesweit Kurse geben, deren Ergebnisse überprüft werden. Die Ausgestaltung wird Ländersache bleiben. Der Chef der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, befürchtet, dass dann die Einbürgerungszahlen wieder sinken. Dies gelte auch, weil jüngst die gesetzlichen Bedingungen für die Einbürgerung von jungen Erwachsenen verschärft wurden.
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