Einbürgerung von Migranten: Angst vor Sprachprüfungen
Der Sprachtest für Einbürgerungswillige ist leichter, als viele denken. Doch Ängste vor einer Blamage lassen Menschen zögern, sagen Experten.
BERLIN taz Wer den deutschen Pass möchte, muss einen Sprachtest und einen Einbürgerungstest absolvieren. "Es werden ständig neue Hürden aufgebaut, seit 2000 gibt es immer wieder Verschärfungen", sagt Kenan Kolat, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Die Menschen würden schon vorher abgeschreckt, so Kolat.
Vor allem der Sprachtest macht vielen zu schaffen - hier muss in einer Prüfung das Sprachniveau "B 1" nachgewiesen werden. "Man kann nicht durchfallen - den Test kann man beliebig oft wiederholen", sagt Michael Weiß, Programmleiter von "Deutsch als Zweitsprache" an der Volkshochschule (VHS) in Berlin-Mitte. Viele wüssten das nicht. Im Sprachtest, den man unter anderem an der VHS machen kann, würde zudem keine grammatikalische Korrektheit oder perfekte Rechtschreibung erwartet, so Weiß.
Abgefragt werden einfache Kenntnisse im Hören, Schreiben, Lesen und Sprechen. Beispiel: Nach einem vorgespielten Radiobeitrag kann man ankreuzen: Haben Sie eine Verkehrsmeldung oder das Wetter gehört? Oder: Man muss eine kurze Notiz schreiben, warum man den Sprachkurs morgen nicht besuchen kann. Einfache Hauptsätze genügen, wie: Mein Kind ist krank.
Trotzdem bleibt die Angst. Schon allein der Begriff "Test" oder "Prüfung" ist eine Hürde für viele MigrantInnen, weiß Jan Kizilhan, Migrationspsychologe der Uni Freiburg und Leiter der psychosomatischen Abteilung der Michael-Balint-Klinik in Königsfeld. Er behandelt dort seit Jahren Patienten mit Migrationshintergrund. "Eine große Gruppe hat nur drei bis vier Jahre Schulbildung - die wissen nicht einmal, was Tests sind", sagt Kizilhan. Vor allem Menschen aus Teilen Syriens, ländlichen Gebieten der Türkei, aber auch dem Irak oder Afghanistan sind darunter. "Andere haben schlicht Angst vor einer Blamage und wollen vor den Augen ihrer Kinder nicht scheitern", so der Psychologe. Das verstärke die Unsicherheit.
Eine kleinere Gruppe sei traumatisiert nach Deutschland gekommen oder leide unter Depressionen, etwa weil sie in ihren Familien Gewalt erlebten. Hinzu kämen Probleme wie Analphabetismus und - wie bei Deutschen auch - Prüfungsangst und Stress. "Für viele sind die Tests eine große Belastung." Kizilhan schlägt daher vor, dass Sozialdienste die Menschen sensibel auf die Einbürgerung vorbereiten, und die Begriffe "Test" und "Prüfung" abgeschafft werden.
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