piwik no script img

Einäugig

■ Betr.: „Allianz der Schwachen“ (Ausländerinnen arbeiten als Ta gesmütter für deutsche Frauen), taz vom 29.9.93

Na prima, da werden ausschließlich deutsche berufstätige Frauen interviewt – und schon steht fest: In Wirklichkeit sind deutsche und ausländische Frauen „gleichermaßen gearscht“.

Die Schwierigkeiten der deutschen Frauen werden lang und breit ausgeführt; abgesehen von dieser inhaltlichen Gewichtung spricht die Wortwahl schon Bände (Ausländerinnen arbeiten „schwarz“, Überlegungen zu einer „getürkten“ Heirat werden kommentarlos zitiert): insgesamt findet eine Auseinandersetzung mit der Situation von Ausländerinnen hier nicht statt.

Die Arbeitsteilung zwischen deutschen und ausländischen Frauen wird als „Symbiose“ bezeichnet – eine Diskussion um die Rolle der deutschen Frauen in dieser Arbeitsteilung fällt unter den Tisch. Die Frage, inwieweit wir auf dem Weg zu einer neuen internationalen Arbeitsteilung unter Frauen sind, wird ausgespart.

Doch die beschriebenen Strukturen erfordern eine Diskussion um die Rolle der deutschen Frauen in dieser Arbeitsteilung; eine Diskussion, die zum Beispiel die Soziologin Maria S. Rerrich aus München mit folgenden Fragen anregt: „Kann es sein, daß das neue, sich vereinigende Europa zwar so aussehen wird, daß es westdeutschen Frauen zunehmend gelingt, im primären Arbeitsmarktsegment Fuß zu fassen? Kann es aber zugleich sein, daß dies nur um den Preis gelingt, daß Frauen aus dem ehemaligen Ostblock, aus Südeuropa oder auch aus außereuropäischen Ländern in westdeutschen Familien putzen, Kinder und Alte betreuen?“ Susanne Schmidt, Berlin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen