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Ein weites Feld

■ betr.: "Öko-Pädophilie", taz vom 28.9.91

betr.: „Öko-Pädophilie“,

taz vom 28.9.91

Zwar gibt es tatsächlich Interessen bei gewissen Politikern, eine ökologische Verantwortung der einzelnen Menschen zum Ablenken von den gesellschaftlich anzugehenden Umweltproblemen zu propagieren. Aber die Einseitigkeit, in der der Autor jede individuelle Bewußtseinsbildung und Verhaltensänderung der Einzelnen solchen Interessen zuschreibt beziehungsweise sie pauschal als unnötig abwertet — das ist genau jene Haltung, die unsere linken Kreise im Lauf der Jahre so ätzend, unglaubwürdig und unattraktiv gemacht hat.

In den Anfängen der 68er-Linken gab es durchaus noch jene offene Haltung, daß nicht nur der Staat sich ändern müßte, sondern auch die einzelnen, siehe zum Beispiel die „Kommune-1“-Experimente. Leider ist das in den Anfängen steckengeblieben, und schon gar nicht auf die neuere ökologische Problematik angewandt worden. Es waren meist andere Kreise, die das — aus Modellen auf verschiedensten Lebensgebieten vom Bildungssektor bis zum Verbraucherverhalten heraus — später zum Thema machten. Auch in den Anfängen der grünen Bewegung spielte das eine erhebliche Rolle, gesellschaftliche und individuelle Fortschritte wurden nicht als Gegensätze, sondern als sich ergänzend betrachtet. Darin bestand ein Teil des damaligen „neuen Lebensgefühls“ dieser Bewegung.

Da dieses Verhältnis nicht genügend reflektiert wurde, und auch aus anderen Grünen, wurde dann der individuelle Aspekt weitgehend außen vor gelassen oder gar als spießbürgerliche Sentimentalität betrachtet. Bis aus den geradezu katastrophalen zwischenmenschlichen Zuständen in dieser Bewegung, ihrer PKW-Tagungskultur, ihrem Anteil an RaucherInnen, und so weiter zum Teil jene verringerte Attraktivität folgte, die zu erneutem Nachdenken auch über individuelle Glaubwürdigkeit führte.

Inzwischen hatten andere Kreise, die sich für „Frieden mit der Erde“, für „Öko-Teams“ und so weiter einsetzen, längst die nötigen Inhalte und Netzwerke vorbereitet, die von jedem Verdacht frei sind, die gesellschaftlichen Großverschmutzer dadurch entlasten zu wollen. Nur wer auch an sich arbeitet und dazulernt, kann vor dem Hintergrund allgemein gewachsenen ökologischen Bewußtseins noch glaubwürdig Motor gesellschaftlicher Entwicklungen sein.

Da die Kinder bereits kaum noch ein reales Verhältnis zur „Natur“ haben, ist es klar, daß das Bemühen, auch dort bereits mit der Bildung ökologischen Bewußtseins zu beginnen, keineswegs abwegig ist. Wenn das im Einzelfall als Ersatz für einfaches Spielen betrachtet oder etwas kitschig aufgemacht sein mag, so mag das kritisiert werden, spricht aber nicht gegen die Arbeitsrichtung als solche. Einüben ganzheitlichen Bewußtseins ist heute längst mehr als nur ein Schlagwort. Das ist vielmehr ein weites Feld, wo auch Aktivistenbegungen sich kundig machen sollten. Herman Benz,

Villingen-Schwenningen

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