■ Editorial: Ein taz-Spezial zu Hanf
Hanf ist in aller Munde – nicht nur als wiederentdeckte Droge einer neuen Jugendgeneration, sondern vor allem als nachwachsender Rohstoff. Allerorten wird nach Alternativen zur umweltschädlichen Wirtschaftsweise gesucht, die vor allem auf der Ausbeutung der Rohstoffe basiert. Dennoch ist eine der interessantesten Alternativen dem Wirtschaftsstandort Deutschland vorenthalten – denn Hanfanbau ist illegal.
Zwar besteht Hoffnung: Nach über einem halben Jahrhundert der Desinformation und Hysterie kehrt auch bei Justiz und Politik zunehmend Nüchternheit ein. Doch während der Genuß von Cannabis mittlerweile nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird, macht sich ein Bauer hierzulande immer noch strafbar, wenn er Hanf zur Gewinnung von Textilfasern, Papier, Dämmstoffen oder Speiseöl anbaut. Jede Art von Cannabis gilt nach dem Betäubungsmittelgesetz als „nicht verkehrsfähig“, obwohl zur Fasergewinnung angebauter Hanf nur verschwindend geringe Mengen des rauschwirksamen THC enthält. Überall in der Europäischen Union ist der Anbau dieser Hanfsorten deshalb erlaubt und wird sogar subventioniert. Was in Frankreich zu Zigarettenpapier, in Holland zu Faserplatten, in Spanien zu Zellstoff oder in England zu Jacketts und Pullovern verarbeitet wird, ist für die deutsche „Bundesopiumstelle“ eine Gefahr für die nationale Sicherheit. Gegen diese Absurdität ist seit 14 Monaten eine Klage brandenburgischer Bauern vor dem Verwaltungsgericht Berlin anhängig – doch wie es aussieht, wird es auch 1995 nichts werden, auf der langen Amtsbank verschläft die deutsche Bürokratie mal wieder eine Innovation.
Und die Fachleute sind sich einig, daß dem Hanf die Zukunft gehört. Offen ist lediglich, ob Deutschland dabei eine Rolle spielt. Noch sieht alles danach aus: Ein Berliner Paar entwickelte das erste Waschmittel auf Hanföl-Basis, das ökologisch ist und dennoch enorme Wascherfolge haben soll. Das Hanf-Symposium vor einem Monat in Frankfurt fand internationale Bedeutung. Und für die hochmoderne Textilproduktion könnte ein Schwabe die Maschinen liefern.
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