: Ein kleiner Fortschritt beim nachhaltigen Anlegen
Im Mai ändern sich die EU-Regeln für Fonds, die als nachhaltig beworben werden. Strengeren Kriterien begegnen einige Anbieter einfach mit einem Namenswechsel

Von Svenja Bergt
Viele Anleger:innen, die auf nachhaltige Geldanlagen Wert legen, werden in den vergangenen Wochen Schreiben von ihrer Bank bekommen haben. Darin steht zum Beispiel, dass sich die Zusammensetzung eines der im eigenen Portfolio befindlichen Fonds geändert hat – oder dass der Name geändert wurde. So haben beispielsweise Anleger:innen, die Geld in den Fonds „Allianz Green Future“ gesteckt haben, nun den gleichen Fonds unter seinem neuen Namen „Allianz Multi Asset Future“ im eigenen Portfolio. Wer sich nicht intensiv mit den eigenen Geldanlagen auseinandersetzt, dürfte solche Schreiben achselzuckend wieder geschlossen haben. Doch dahinter steckt eine Neuerung, die eine Grundsatzfrage angehen soll: Wie viel Greenwashing ist bei dieser Art von Geldanlagen erlaubt?
Hintergrund der Änderungen sind neue EU-Leitlinien. Die Wertpapier-Aufsichtsbehörde ESMA will damit bei Fonds, die als nachhaltig beworben werden, für mehr Klarheit sorgen. Trägt so ein Fonds einen Begriff wie „grün“, „Umwelt“ oder „Impact“ (zu Deutsch Wirkung, gemeint ist eine gesellschaftlich oder ökologisch positive Wirkung) im Namen, gelten ab dem 21. Mai etwas strengere Ausschlusskriterien für Investitionen in fossile Industrien wie Kohle, Öl oder Gas. Steckt in einem Fondsnamen beispielsweise der Begriff „Umwelt“, müssen 80 Prozent des Fondsvermögens ökologisch investiert werden. Die Richtlinie ist bereits im vergangenen Jahr in Kraft getreten. Zunächst galt sie jedoch nur für neu aufgelegte Produkte. Nun endet die Übergangsfrist für ältere Fonds.
Einer Umfrage des Wirtschaftsportals Bloomberg zufolge haben mehrere der bekannten Fondsanbieter ihre Produkte umbenannt. Damit wird die Anlage in ihrem Namen nicht mehr als „grün“ oder „sozial“ bezeichnet und ist den neuen Investitionsvorgaben nicht unterworfen. So erklärte Bloomberg zufolge etwa der Anbieter Union Investment, dass 10 Publikumsfonds umbenannt würden, meist werde dabei der Begriff „Nachhaltigkeit“ ersetzt. Bei Allianz Global Investors gebe es bei 8 Fonds Namensänderungen. Bei der Mehrheit würden dagegen die Investitionen verändert, sodass sie den neuen Vorgaben für als nachhaltig beworbene Fonds entsprechen.
Eine in der vergangenen Woche veröffentlichte Recherche von Correctiv und Finanztip zeichnet ein ähnliches Bild. Die beiden haben dafür 10 der größten Fondsgesellschaften in Deutschland angefragt, 4 haben geantwortet. In der Summe haben demzufolge 281 Fonds ihre Nachhaltigkeitsbezeichnungen gestrichen oder abgeschwächt.
„Der Fondsname ist oft die erste Information, die Anleger wahrnehmen“, sagte Thorsten Pötzsch von der Wertpapieraufsicht Bafin zum Start der neuen Regeln im vergangenen Jahr. Der Name könne daher erheblich beeinflussen, ob und wie die Anleger:innen ihr Geld investierten.
So sieht das auch Frederike Potts von der NGO Facing Finance: „Der Fondsname ist sehr wichtig für das Anlageverhalten, er ist quasi das Aushängeschild für die Verbraucher:innen.“ Die Leitlinien sollten eigentlich etwas Licht in den Dschungel der als nachhaltig beworbenen Anlagen bringen. Eigentlich, denn: Potts sieht zwar einen Fortschritt, aber nur einen kleinen.
Denn auch wenn die Kriterien nun strenger sind – es gebe weiterhin Möglichkeiten, Fonds, die in fossile Unternehmen investieren, nachhaltig klingen zu lassen. Zum Beispiel mit dem Begriff „Transition“ im Namen, also Wandel. Das lasse sich leicht als ökologischer Wandel verstehen – doch laut den neuen Leitlinien reichen auch soziale Veränderungen. Investitionen in fossile Projekte bleiben so möglich.
Anleger:innen rät Potts daher, genau hinzuschauen. Und zwar nicht nur auf den Namen, sondern auch auf den Inhalt eines Fonds. „Ja, das ist natürlich eine Herausforderung“, sagt sie. Ein Fonds könne dutzende und auch mal über 1.000 Firmen umfassen. „Aber zumindest ist man dann sicher, nicht von fossilen Investitionen oder Menschenrechtsverletzungen zu profitieren.“
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