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Ein guter Weg

betr.: „Das Ende der Realpolitik“, taz vom 9. 10. 01

Es ist schon seltsam, mit welcher Hartnäckigkeit manche von den Grünen Prinzipientreue verlangen, das heißt das Festhalten an Prinzipien der Friedensbewegung der 80er-Jahre, wo doch die derzeitige historische Situation mit der damaligen nicht mehr das Geringste zu tun hat.

Ausdrücklich bezieht Brumlik seine Forderung nach Prinzipientreue auf die Diskussion um die Nachrüstung. Damals hatten wir die Blockkonfrontation, in der sich mehrfache Overkillkapazitäten der Supermächte gegenüberstanden und in der durch die Stationierung der amerikanischen Mittelstreckenraketen und durch die damit einhergehende dramatische Verkürzung der Vorwarnzeit die reale Gefahr bestand, dass Mitteleuropa zum nuklearen Gefechtsfeld wird mit der Folge der Auslöschung allen Lebens zumindest in diesem Teil der Erde. Zu Recht hat die Friedensbewegung seinerzeit gesagt, dass keine noch so gute politische Überzeugung eine solche Folge rechtfertigt. Heute ist die Blockkonfrontation, die alle regionalen Konflikte unter ihren Bann gezogen hat, vorbei. Regionale Kriege werden wieder geführt. Wenn nun erste Ansätze einer neuen Weltinnenpolitik sichtbar werden, dann ist das ein guter Weg. [. . .]

Auf den Angriff auf New York und Washington reagiert die Völkergemeinschaft in einer bisher nie gekannten Einmütigkeit. Nato, Russland, China, die arabischen Staaten usw. erkennen, dass keine Reaktion zu schlimmer Eskalation führen würde. Natürlich kann der Terrorismus nicht militärisch besiegt werden. Das sagen aber nicht einmal die Amerikaner.

Natürlich gibt es noch keine ausreichend demokratisch legitimierten weltinnenpolitischen Strukturen, keine Weltpolizei, keine Weltstaatsanwaltschaft, kein wirkliches Weltparlament. Deshalb muss mit den bestehenden Strukturen vorlieb genommen werden, müssen sie schrittweise weiterentwickelt werden. Unter den bestehenden Voraussetzungen ist der derzeitige Einsatz der Amerikaner und Briten völkerrechtlich absolut legitim und legal. Die Feststellung des UN-Sicherheitsrates, dass die USA ein Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung haben, begründet diese Legitimität. Dieses Recht schließt nach dem Beschluss ausdrücklich Länder ein, die Terroristen unterstützen und beherbergen. NORBERT SCHELLBERG, Berlin

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