■ Braune Schatten der Potsdamer „Friedensuniversität“: „Ein ganz besonderer Kraftort“
München (taz) – Die Potsdamer „Friedensuniversität“ (1. 9.-1. 10. 95) gerät immer mehr ins Zwielicht. Wie bekannt wurde, steht deren Vorsitzender, der frühere Horoskope-Vertreter und heutige Esoterik-Manager Uwe Morawetz, in merkwürdiger Verbindung zur österreichischen Rechtsradikalenszene. Im Juni 1993 hatte auf dem Kärntner Agathenhof, einer Art esoterischer Gesundheitsfarm, ein Memorial für den verstorbenen „Medizinmann“ Sun Bear stattgefunden, das unter der Bezeichnung „Visionen des Friedens“ gleichzeitig der Unterstützung der geplanten „Universität“ diente. Dieser Agathenhof, laut Morawetz ein ganz „besonderer Kraftort“, gilt wie die Wiener New-Age-Kritikerin Maria Wölflingseder es formuliert, als „Hochburg der lokalen rechtsextremen FPÖ-Szene“. Auch das österreichische Antifa-Info berichtete über die „braunen Schatten des Agathenhofes“. Wilhelm Lasek vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) bestätigte überdies, daß der Agathenhof die Kontaktadresse eines bekannten Kärntner Neonazi-Aktivisten namens Andreas Thierry sei. Nach vorliegendem Beweismaterial ist selbst die Telefonnummer des Esoterik-Zentrums identisch mit der des Neonazis. Thierry, der seinen Namenszug gerne mit einem stilisierten Hakenkreuz verziert, wirkte an der Erstellung eines Pamphlets mit, das laut Antifa-Info „Esoterik und Runenkunde mit Antisemitismus und Nazigedankengut verbindet“. In diesem Machwerk geht es vor allem um „Rassenreinheit und Stärkung der nordischen Rasse“; der Holocaust wird als „Lug und Trug“ bezeichnet. Der Herausgeber Ewald Friesbacher wurde 1993 wegen Verstoßes gegen das NS- Verbotsgesetz rechtskräftig verurteilt. Thierry selbst wurde am 18.4.95 wegen Verherrlichung der Waffen-SS zu zwei Jahren Freiheitsentzug mit Bewährung verurteilt. Auch andere Figuren aus der ultrarechten Esoterik-Ecke hielten und halten Seminare auf dem Agathenhof ab, wie zum Beispiel die einschlägig bekannte „Ariosophin“ Sigrun Freifrau von Schlichting, langjährige Leiterin der neuheidnischen „Armanenschaft“. Oder der Schädelformforscher Engelbert Helbing. Auch Rainer Holbe, der 1990 wegen seiner antisemitischen Ausfälle von RTLplus fristlos gekündigt worden war. Daneben alles, was Rang und Namen hat unter den Astrologen, Geistheilern und Reinkarnationstherapeuten.
Viele Referenten des Agathenhofes finden sich in Beirat oder Fakultät der „Friedensuniversität“ wieder: Arnold Graf Keyserling, David Steindl-Rast, Peter Schellenbaum oder die selbsternannte „Hexe“ Zsuszanna Budapest. Und selbstverständlich: Penny McLean. Colin Goldner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen