: Ein bombiger Dönitz-Fan
■ Der Mediziner Erhart Hartung, ein profilierter Rechtsextremist, soll von der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität entlassen werden
Düsseldorf (taz) – Weg mit dem braunen Weißkittel: Der seit Jahrzehnten an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität tätige rechtsextreme Narkosearzt Erhart Hartung soll schnellstens entlassen werden. Uni-Rektor Gerd Kaiser hält es mittlerweile „für erwiesen, daß Herr Dr. Hartung Verfasser mehrerer rechtsextremistischer Artikel ist“. In der Folge entschloß sich der Rektor, „das Arbeitsverhältnis zu kündigen“.
Tatsächlich gilt der Oberarzt seit mehr als 20 Jahren als profilierte Figur im internationalen Netzwerk der Rechtsextremisten: Im Zusammenhang mit einem von Südtirol-Terroristen 1967 verübten Bombenanschlag, bei dem vier Personen zu Tode kamen, wurde Hartung in Abwesenheit von einem italienischen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt. Damals verübten alte Nazis und neurechte Untergrundkämpfer blutige Bombenanschläge, um den Anschluß Südtirols an Österreich zu erreichen.
1972 soll Erhart Hartung mit dem „Führer“ der Freiheitlichen Arbeiter-Partei (FAP), Friedhelm Busse, in der Nähe von München einen europäischen Jugendkongreß organisiert haben. 1981 nahm der Arzt am Begräbnis des Hitler- Nachfolgers Karl Dönitz teil.
1989 engagierte sich Hartung rund um den mittlerweile vom NRW-Innenminister verbotenen „Freundeskreis für Deutschland“ (FFD). In der dem FFD nahestehenden Postille Unabhängige Nachrichten trat er ebenso in Erscheinung wie der NPD-Chef und Auschwitz-Leugner Günter Deckert, der Hamburger Naziverteidiger Gerhard Rieger sowie weitere Mitglieder der FAP und DVU.
Ende Mai dieses Jahres rühmte Hartung sich und seine Mitaktivisten als „Kameradschaft der ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer“, die vom Bundesinnenministerium bereits im Jahre 1980 als „rechtsextremistisch“ eingestuft worden war. „Weil uns sämtliche demokratischen Mittel verwehrt wurden, haben wir uns alle dem italienischen Besatzerregime in Südtirol aktiv entgegengestellt“, erklärte der militante Mediziner als erster Sprecher der Kameradschaft. „Für das Ziel, Italien vom demokratisch getarnten Imperialismus zu befreien, sind wir dem Aufruf des Gewissens gefolgt.“
Unter Angabe seines Meerbuscher Wohnsitzes firmierte der Facharzt für Anästhesiologie auch als „Sprecher für die in Deutschland wohnenden Kameraden der NDP“. 1976 war Hartung Mitglied der Bundesleitung der Österreichischen Nationaldemokratischen Partei (NDP), die vom Wiener Verfassungsgerichtshof 1988 für nicht existent erklärt wurde. In dem Urteil wird festgestellt, daß das Programm der NDP dem der NSDAP ähnlich sei. Das NDP- Programm gehe von einem biologisch-rassistischen Volksbegriff aus, und seine Forderungen, etwa nach der Kastration von „Triebtätern“ sowie „vorbeugenden erbgesundheitlichen Maßnahmen“, seien typisch nationalsozialistisches Gedankengut.
Vor vierzehn Tagen nahm Erhart Hartung in Innsbruck an einem von schlagenden Verbindungen organisierten rechtsextremistischen Treffen „Gesamttiroler Freiheitskommers“ teil.
Der Personalrat der Düsseldorfer Uni befaßte sich in der vergangenen Woche mit dem Fall des rechtsradikalen Mediziners. Mit überraschendem Ergebnis: „Was uns vom Rektor vorgelegt wurde, reicht unseres Erachtens nicht zur fristlosen Kündigung aus“, erklärte der Vorsitzende Elmar Wolf. „Wir waren gezwungen, nach dem Grundsatz in dubio pro reo zu entscheiden.“ Erhart Hartung habe seine rechtsextremistischen Verstrickungen rundweg bestritten. „Zeugen zu vernehmen oder Textvergleiche zu machen“ komme dem Personalrat aber nicht zu, bedauerte der Personalratschef Wolf. Die Leitung der Düsseldorfer Universität wird nun versuchen, den rechtsradikalen Mediziner per Gerichtsentscheid aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. Thomas Meiser
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