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Ein Zwist um eine Zukunft

■ Posse entzweit eine Partei und ein kleines Dorf Von Iris Schneider

Es sah alles so gut aus: Seit 25 Jahren ist die Messebaufirma schon im schleswig-holsteinischen Holm bei Wedel ansässig. Der Geschäftsführer des Familienbetriebs und Ururenkel des Firmengründers ist Mitglied in eben der christlich-unternehmerfreundlichen Partei, die auch die Mehrheit im Gemeinderat stellt. Als der Betrieb sich vergrößern wollte, hat der Parteifreund Bürgermeister sich höchstselbst dafür eingesetzt, daß im neuen Gewerbegebiet der 2500 Einwohner-Gemeinde ein passendes Grundstück gefunden wurde.

Aber plötzlich ist der dörfliche Frieden dahin. Unternehmer Peter Preuss fühlt sich ausgebremst vom Gemeinderat. Die will nicht zulassen, daß auf seinem alten Grundstück sieben Wohnblocks mit 70 Wohneinheiten gebaut werden. Der 25 Jahre alte Bebauungsplan wies für das Grundstück Mischnutzung aus, zweigeschossige Gebäude waren möglich. Er hätte, klagt Preuss, mit dem Verkauf des Grundstücks ein gutes Geschäft gemacht, wenn der Gemeinderat nicht quergeschossen hätte.

Hat der aber. Am 3. November beschloß er einstimmig, den alten Bebauungsplan aufzuheben. Jetzt gilt Paragraph 34 des Baugesetzbuchs: Danach müssen sich neue Bauten der baulichen Umgebung anpassen. Und das sind in Holm überwiegend Einfamilienhäuser. Das drückt den Preis für das Gelände um 1,5 Millionen, rechnet Preuss vor. Unter diesen Umständen könne seine Firma nicht in Holm bleiben. Der Gemeinderat vernichte mit seiner Engstirnigkeit Arbeitsplätze.

Bürgermeister Walter Rißler und CDU-Fraktionschef Horst Schaper verstehen die ganze Aufregung nicht. Sieben Wohnblocks im Zentrum der Gemeinde – das ginge zu weit. Das verschandele den dörflichen Charakter des Ortes. Außerdem hat die Gemeinde schon lange den Beschluß gefaßt, nur mäßig zu wachsen. Mehr als 400 Neubürger in 15 Jahren soll es in Holm nicht geben, sagt Schaper. 30 Wohneinheiten in Ein- und Zweifamilienhäusern seien das höchste, was die Bauaufsicht in Pinneberg genehmige, erklärt Rißler. Und deshalb mußte der alte Bebauungsplan aufgehoben werden. Er wurde aufgehoben, um eine sinnvolle Nutzung des Geländes zu verhindern, hält Preuss dagegen.

Der Zwist um die Zukunft entzweit die holsteinischen Dickschädel einer christlichen Partei. Doch das Fest der Liebe ist nah, und vielleicht auch der dörfliche Frieden.

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