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Ein Wunder

■ „Festival der Stimmen“: vorbei, aber auf Band

Wie gut, daß Radio Bremen alle Konzerte seines ambitionierten „Festivals der Stimmen“ mitgeschnitten hat. So habt auch Ihr, liebe LeserInnen, die Ihr am Donnerstagabend nicht den Weg in die Schauburg fandet, wenigstens die Möglichkeit, den furiosen Auftritt des Duos Sainkho Namchalak und Peter Kowald im Radio zu hören. Denn was die beiden am Donnerstag boten, zählt zu dem Beeindruckendsten, was ich bisher gehört habe.

Was Sainkho Namchalak mit ihren Stimmbändern treibt, ist kaum zu beschreiben. Ihre Lautmalereien umfassen ein Spektrum, das von animalischen Fauch- und Knurrlauten bis zu artifiziellen, ätherischen Kunsttönen ostasiatischer Gesangskultur reicht. Die Vielseitigkeit und die Intensität ihrer Performance — Gesang wäre eine zu enge Kategorie — erwecken den Eindruck, sie wäre ein Medium. Sainkho Namchalak überführt die volksmusikalischen Techniken des Kehlkopf- und Obertongesangs ihrer Heimat, dem sibirischen Grenzgebiet zur Mongolei, in den Bereich der freien Improvisation.

Im Bassisten Peter Kowald hatte sie einen kongenialen Partner. Beide reizen ihre „Instrumente“ aus und überschreiten in einem fort die Grenzen ihrer klanglichen Möglichkeiten. Vom Klang zum Sound, ein ständiges Experiment, insistierende Vorstöße ins Noch-nicht-Gehörte. Vibrierende Obertöne, jauchzende Kehlkopftonkaskaden, Schreie, Zwitschern, heiseres Summen paart sich mit einem düster gestrichenen Baß oder dem zerrenden, pochenden Wechsel von Bordun- und Obertönen.

Eine Musik, zu komplex, als daß ich sie adäquat beschreiben könnte. Musik, die die Magie lamaistischer und schamanistischer Klänge ins Heute transportiert, bei der ZuhörerIn eine spirituelle Saite anschlägt ohne den schalen Beigeschmack von New Age-Gefälligkeit.

Am Samstagabend endete das Festival mit dem Auftritt der zimbabwischen A-capella Formation „Black Umfolosi“, die in der gutbesuchten Schauburg eine mitreissende Tanz- und Gesangsshow boten.

Der Versuch, verschiedene Traditionen und Formen von Gesang und Stimme in einer Reihe zu präsentieren, ist gut gelungen. Gerade der Ansatz, stilistische und regionale Grenzen zu überschreiten und neben populären und experimentellen auch traditionelle Formationen vorzustellen ist sicher fortsetzungsfähig. Wo schon zwei der vorgesehen Konzerte ausgefallen sind, ist umso mehr zu hoffen, daß wir auch nächstes Jahr ein „Festival der Stimmen“ von Radio Bremen zu hören bekommen. Arnaud

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