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Ein Sport für alleHamburger Rugby-Club will nach oben

Für alle offen sein und sportlich vorankommen: Der Hamburger Rugby-Club will viel. Noch sind die Bedingungen bescheiden.

Hier sind der Hamburger Rugby Club und Hannover 78 kurzfristig auf gleicher Höhe Foto: Oliver Ruhnke

Hamburg taz |Sie kommen kaum aus der eigenen Hälfte, so stark ist der Gegner. Und wenn sie sich dem gegnerischen Malfeld nähern, steht da eine Wand in Blau und Weiß. Es ist ein hartes Spiel für die Bundesliga-Herren des Hamburger Rugby-Clubs (HRC) gegen Hannover 78, und das liegt nicht nur am tiefen Geläuf. Wie sollte es nach all dem Regen auch anders sein auf einem Rasenplatz mitten in Hamburg? Er ist übrigens neben der Anlage Barmwisch einer von nur zwei Rugby-Plätzen in der Hansestadt, was ein Problem für den ambitionierten HRC darstellt – aber dazu später.

150 Menschen haben den Weg in die Stadtpark-Arena nahe der U-Bahn Saarlandstraße gefunden; an den Gesprächen merkt man, dass hier die Rugby-Familie unter sich ist. Kinder versuchen, das Ei zu treten und zu fangen, haben kaum einen Blick für das Spiel auf dem grünen Rasen, der gar nicht so grün ist, weil Bäume den Platz säumen und ihre Blätter abgeworfen haben.

Herbstzeit ist Rugby-Zeit, aber auch das Einläuten einer langen Pause, denn die Rugby-Bundesliga pausiert von November bis März – die Plätze müssen sich erholen. Gar nicht so leicht, das Rugby-Interesse in dieser langen Auszeit hochzuhalten. Und gar nicht so einfach, sich mehr als drei Monate fit zu halten.

Nach dem Spiel, das 5:30 endet, setzt sich Toni Höllmann Yebra auf die Bank einer Bierzeltgarnitur und nimmt sich Zeit für ein Gespräch. Unter Wert geschlagen, findet der 20 Jahre alte Hamburger Spieler mit der Nummer fünf.

Eine Macht im Norden

Von außen sah es wie eine verdiente Niederlage gegen den Tabellenführer aus Niedersachsen aus, der in dem bärigen Spieler mit der Nummer 20, Niklas Stehling, nicht nur wegen dessen blonder Locken den auffälligsten Akteur des Nachmittags besaß. Doch vielleicht fühlt es sich anders an, wenn man 80 Minuten dabei war, auf dem tiefen Geläuf, das den je 15 Akteuren vieles abverlangt.

Hannover 78 ist eine Rugby-Macht im Norden; seit vielen Jahren ist die Landeshauptstadt ­Zentrale des norddeutschen Rugbys. Der HRC will das erst werden und versucht, in dieser Saison Platz vier zu erreichen, um in die Play-offs gegen die Teilnehmer aus der Staffel Süd/West zu kommen. Höllmann Yebra sagt: „Wir können an einem guten Tag jeden Gegner schlagen. Aber das müssen wir auch tun, um oben anzugreifen.“

Er studiert Informatik und arbeitet nebenbei als Barkeeper in der Gaststätte eines Sponsors. Profi ist hier außer Cheftrainer Tomás Capurro niemand; der Coach hat erst im Sommer übernommen und manches nach vorn gebracht, findet Höllmann Yebra.

Er selbst hat den Jugendbereich des HRC durchlaufen und hält die Werte des Klubs und des Rugby im Allgemeinen hoch: „Rugby ist ein Sport für alle. Egal, wie groß, egal, wie alt. Wir betrachten uns als Familie. Uns ist Geselligkeit wichtig. Wir wollen nicht elitär sein, sondern ehrlichen Sport für Barmbek und Hamburg anbieten.“

Wir wollen nicht elitär sein, sondern ehrlichen Sport anbieten

Toni Höllmann Yebra, HRC

Dass es einerseits große Ambitionen und andererseits strukturelle Nachteile gibt, steht außer Frage. Wer die Bilder der jüngst beendeten Rugby-WM in Frankreich mit vollen Arenen vor Augen hat, erlebt nur eine Woche nach dem dortigen Finale zwischen Südafrika und Neuseeland (12:11) die Welt des Amateursports: Es gibt Bratwurst und Gemüsefrikadellen in der Stadtpark-Arena, die Teams versammeln sich in zwei Pavillons auf der hinteren Seite, wer friert, bestellt sich einen Tee im Klubhaus. Die Anzeigetafel wird manuell bedient.

Dafür ist die Nähe zu den Akteuren jederzeit spürbar. Höllmann Yebra wünscht sich Tribünen, mehr Komfort, auch um vielleicht mehr Eintritt als vier Euro zu nehmen und so weitere Einnahmen zu generieren. Er weiß aber, dass das auf einer städtischen Anlage kompliziert ist: „Wir sind Hamburg dankbar, dass wir hier spielen dürfen. Aber es ist natürlich schwierig, dass wir nur zwei Rugby-Rasenplätze in Hamburg haben.“ Wenn die Saison endet, trainieren die HRC-Spieler auf Kunst­rasen. Das geht nur ohne Vollkontakt, weil der Untergrund zu hart zum Tackeln ist.

Von der WM hat Höllmann Yebra viele Spiele geschaut. Währenddessen hat der HRC das allgemeine Rugby-Interesse genutzt und in den digitalen Medien für Rugby in Hamburg geworben – mit Erfolg. Drei, vier neue Spielerinnen und ebenso viele neue Spieler seien seitdem hinzugekommen, berichtet Höllmann Yebra. Kindern, Frauen und Männern, allen will der HRC ein Zuhause bieten.

Dabei ist der Plan, dass Talente den Weg aus der U19 über die zweite Mannschaft ins Männer-Bundesliga-Team finden. Das hat den Saisonhöhepunkt noch vor sich – zwei Spiele gegen den FC St. Pauli, derzeit einen Platz hinter dem HRC gruppiert. Dann kämen auch mal 1.000, 1.500 Fans in die Rugby-Arena, sagt Höllmann Yebra.

Dass die Bundesliga auch in diesem Jahr trotz vieler Diskussionen wieder zweigleisig spielt, findet er gut und schlecht. Einerseits seien die langen Reisen in den Süden für Amateurklubs nicht zu stemmen. Andererseits fehlten einem Klub wie dem HRC die harten Vergleiche mit Frankfurt und Heidelberg, der Spitze im deutschen Rugby.

Höllmann Yebra hätte noch viel zu erzählen. Doch es wird kühl in seinem kurzärmeligen Trikot, und die zweite Mannschaft beginnt ihr Spiel an diesem Rugby-Samstagnachmittag mitten in Hamburg.

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