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Ein Rathaus für St. Pauli

■ Bezirk will das „Powerhouse“-Gebäude erhalten und die Kulturbehörde will's unter Denkmalschutz stellen / Klub bald wieder offen Von Heike Haarhoff

Das „Powerhouse“ läßt sich nicht so leicht ausknocken. Liegenschaftsverwaltung und Sprinkenhof AG, die das gründerzeitliche Gebäude an der Simon-von-Utrecht-Straße 42 besitzen bzw. als stadteigene Gesellschaft verwalten, strengen seinen Abriß zwar mit vereinten Kräften an: Im Frühjahr wurde der Abbruchantrag gestellt; der Mietvertrag für den Klub nicht verlängert. Doch ausschlaggebend für die Zukunft des historischen Gebäudes ist die Entscheidung des Bezirks Mitte.

Über den Erhalt herrscht zwischen Bezirksamt und -versammlung traute Einigkeit. Rückenstärkung kam vergangene Woche überraschend aus der Kulturbehörde: Hatte sie noch im September 1994 für „Plattmachen“ plädiert, so ließ sie das Bezirksamt Mitte am 24. Juli wissen, daß das Haus „nach fachlicher Einschätzung ein Kulturdenkmal darstellt“. Der Zustand sei in Ordnung, das „Verfahren für die Unterschutzstellung werde eingeleitet. – „Eine Verwirrung von Adressen“ habe zu dem Widerspruch geführt, erklärte die Behörde gestern.

Solche Hürden dürften selbst für die Liegenschaft, die Haus und Hof lieber gestern als heute verscherbeln würde – die Sanierung sei untragbar – schwer zu überwinden sein. Die Betreiber desw Klubs kündigten am Montag an, die Musik ab September wieder jeden Freitag und Samstag voll aufzudrehen. Doch in der bezirklichen Stadtplanungsabteilung glaubt man, daß der Streit um das Powerhouse damit nicht ausgestanden ist: „Es geht um die gesamte Bebauung im Bereich Budapester/Simon-von-Utrecht-Straße“, sagt Leiter Peter Illies vorausschauend.

Der Abriß droht nicht bloß dem Powerhouse, sondern auch dem seit Anfang der 80er Jahre leerstehenden, viergeschossigen Gebäude an der Budapester Straße 8: In der Begründung zum Bebauungsplan wird ihm als einem der letzten Gründerzeitgebäude „eine bemerkenswerte Bedeutung als historischer Rest- und Merkposten im Stadtbild“ beigemessen. Doch auch hier zeigt sich Sprinkenhof-Chef Karl-Heinz Ehlers unerbittlich: „Wir hökern schon viel zu lange über diese Frage mit den Behörden.“ Der Abriß müsse endlich genehmigt werden. Peter Illies ist diese Haltung unverständlich: „Beide Gebäude sind erhaltenswert.“ In die Budapester Straße könne ein Altenheim einziehen.

Unklar ist, ob sich hinter den Abrißplänen eine grundsätzliche Ablehnung des Entwurfs für die Millerntor-Bebauung verbirgt. Vorgesehen ist eine Blockrandbebauung zwischen Budapester und Simon-von-Utrecht-Straße, die die beiden historischen Gebäude einbeziehen und an der ehemaligen Eisengießerei enden würde. Hinter der Gießerei könnten 50 bis 60 Wohnungen entstehen; auf der gegenüberliegenden Fläche, wo früher die Tankstelle war, schwebt den Planern ein Bürogebäude vor. Überlegt wird bereits, dort die unterschiedlichen Ämter zu einem „St.-Pauli-Rathaus“ zu konzentrieren. Auch dringend nötige Verkehrsberuhigung in der Simon-von-Utrecht-Straße sei denkbar. Doch die Umsetzung der Pläne stockt, weil unklar ist, ob von der ehemaligen Eisengießerei Umweltgefährdungen ausgehen.

Konkrete Pläne gibt es auch für die Reeperbahn-Seite: Die Bowling-Bahn soll Bürogebäuden, Hotels und eventuell einem Kinokomplex weichen, um die Nutzung im Bereich des Spielbudenplatzes zu ergänzen.

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