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Archiv-Artikel

Ein Prozess als Vorbild

Arabische Medien und der Saddam-Prozess: Einige ziehen Vergleich mit Untersuchung des Hariri-Mordes

KAIRO taz ■ Die arabischen Medien zeigen zwiespältige Reaktionen über den ersten Gerichtstermin Saddam Husseins. Während die einen die Legitimität des Gerichts anzweifeln, feiern die anderen, dass erstmals ein arabisches Regime zur Rechenschaft gezogen wird. „Wir haben schon vergessen, dass es Gerechtigkeit geben kann“, schreibt die überregionale Tageszeitung Al-Hayat. Doch sie beklagt: „Das Gericht wird es niemals schaffen, Saddam so leiden zu lassen, wie er sein Volk hat leiden lassen.“

Die in London erscheinende nationalistische Tageszeitung Quds al-Arabi spricht dagegen von einem „politischen Tribunal“. „Das Gericht will zwei Dinge erreichen: Die Araber über die Person Saddam zu erniedrigen und ihre Aufmerksamkeit von der schmerzlichen Erfahrung der amerikanischen Besatzung abzulenken“, heißt es dort.

Für al-Bayan aus den Arabischen Emiraten ist der Prozess dagegen „eine Chance, eine schwarze Seite unserer Geschichte umzublättern und eine neue aufzuschlagen, in der Rechtstaatlichkeit geachtet wird“. Wie viele andere Blätter hebt sie hervor, das Korrektheit im Saddam-Prozess als Legitimation und Vorbildfunktion für die arabische Zukunft von entscheidender Bedeutung sind.

Die libanesischen Medien setzen den Saddam-Prozess in Zusammenhang mit den Untersuchungen zum Mord am ehemaligen libanesischen Premier Rafik Hariri. Heute soll der deutsche Staatsanwalt Detlev Mehlis, der im Namen der UNO den Mordfall untersucht hat, seinen offiziellen Bericht vorlegen. Die libanesischen Medien spekulieren seit langem, dass das syrische Regime in den Anschlag verwickelt war. Beide Verfahren, der Saddam-Prozess und die Hariri-Untersuchung „stellen ein Wendepunkt für die Region dar“, schreibt der libanesische Daily Star. „In beiden Fällen wurden arabische Bürger und Familien von mörderischen Regime geplagt, und sie können jetzt hoffen, dass die Führer zur Rechenschaft gezogen werden“, kommentiert die Zeitung weiter.

Die ägyptische Kolumnistin Mona El-Tahawi stößt in der überregionalen Tageszeitung Scharq al-Aussat in das gleiche Horn. „Der Saddam-Prozess und die Tatsache, dass der Mehlis-Bericht wahrscheinlich öffentliche Persönlichkeiten im Libanon und Syrien nennen wird, die in den Hariri-Mord verwickelt sind, zeigt, dass sich unsere Region im Herbst der Veränderung befindet“, glaubt sie und schließt: „Bleibt am Ende nur zu hoffen, dass die Saat, die wir jetzt im Herbst aussehen, im Frühling neue positive Pflänzchen voller Leben hervorbringen wird.“ KARIM EL-GAWHARY