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■ Ein Mann im Kampf gegen das AutomobilCarwalking mit Blubb und Blobb

„Wenn du auf die Mitte des Autodaches steigst, macht es blubb. Wenn Du runtersteigst, macht es blobb. Und die Delle ist wieder draußen. So Gott will. Meistens will er“, sagt Michael Hartmann. Mehr als 2.000 Autos, die ihm auf dem Gehweg den Platz versperrten, hat der Spezialist für Carwalking schon eigenfüßig überstiegen. Dafür haben ihn die deutschen Autobesitzer mehrfach vor Gericht gezerrt. Aber da Gott die Szene immer mit einem Blobb beendet hatte, konnte ihm die Justiz niemals Sachbeschädigung nachweisen. Er blieb somit ein freier, nicht vorbestrafter Mann.

Der Carwalker führt genau Buch über die Autos, die er überklettert, und darüber, was dabei passiert. Im letzten Jahr saßen in zehn Prozent der Fälle noch Leute in den Autos, als er ihnen mit Blubb und Blobb aufs Dach stieg. Die meisten von ihnen haben nichts getan. Nur mit 33 von ihnen kam es nach dem Carwalk zu heftigen Auseinandersetzungen. Allerdings nie mit größerer körperlicher Gewalt. Der Mann schafft es, über die Autos von Deutschen zu latschen, in dem die Besitzer noch drin sitzen, und dann auch noch ohne körperliche Gewalt davonzukommen? Entweder hat er Charisma, oder er ist einfach ein schneller Läufer. Für Michael Hartmann ist Carwalking mehr als eine sportliche Betätigung auf dem Gehweg. Wie alle Berühmtheiten des öffentlichen Lebens hat nämlich auch er eine Botschaft.

Hartmann hüpft von der Stoßstange aufs Dach

Und wie jede sportliche Berühmtheit, die eine Botschaft hat, gibt Michael Seminare. In dreißig Minuten bringt er seinen Schülerinnen und Schülern das Carwalking bei: erst auf die Stoßstange, dann auf den Anfang der Kühlerhaube, dann kurz vor die Scheibe, dann mit Blubb aufs Dach und dann mit einem sportiven Jump hinten runter auf den Gehweg. Wobei dieser Absprung von einem lauten Blobb begleitet sein sollte. So Gott will.

Ein Buch über Carwalken hat er noch nicht geschrieben, und ein Video gibt es auch noch nicht. Aber das kann ja noch kommen. Obgleich der Münchner inzwischen eine neue Variante der Gegenwehr gegen gehwegblockierende Autofahrer erfunden hat. Er straft jetzt nicht mehr die Blockierer mit lautem Blubb und Blobb, sondern deren Artgenossen mit einer Art Gegenblockade. Streetwalking nennt er es, wenn er vom blockierten Gehweg heruntersteigt auf die Straße. Aber dort verhält er sich nicht, wie wir Deutsche es alle als Kinder gelernt haben, nämlich erst abwarten, bis kein Auto kommt, dann schön vorsichtig, immer nach hinten und vorne sichernd, um das Hindernis auf dem Gehweg herumlaufen und so schnell, wie es geht, wieder auf den rettenden Bordstein. Nein, Hartmann praktiziert die coole Variante. Die selbstbewußte Art des Streetwalkings. Gut sichtbar für alle Autofahrer geht er stolz und hoch erhobenen Hauptes mitten auf der Fahrbahn. Falls der auf ihn zurasende Autofahrer nicht gleich reagiert, bringt Hartmann die Steigerung der Coolness: „Steigt der Autofahrer aufs Gas, schaue ich entsetzt. Reicht das nicht, halte ich mir die Augen oder die Ohren zu, gehe notfalls in die Hocke, dann bleibt er sicher stehen.“ Sicher?

Dreimal ist es ihm übrigens schon passiert, daß die Autofahrer dann ausstiegen, ihren Wagen mitten auf der Straße stehen ließen und den vor ihnen hockenden Streetwalker dorthin zerrten, wo ein Fußgänger laut Autofahrermeinung und gängiger Rechtsauffassung hingehört: auf den Gehweg. Aber als sie den Fußgängerrebellen endlich zurückgepuscht hatten auf seinen Stammplatz, hatte sich hinter ihrem Fahrzeug bereits eine lange Schlange von Autos gebildet. Auge um Auge, Stoßstange um Stoßstange. Blockierst du mir und meinesgleichen unseren Gehweg, blockiere ich deinesgleichen die Fahrbahn!

Im Gegensatz zum beulenlosen Carwalking ist das Streetwalking nicht ganz gebührenfrei. 10 bis 40 Mark Bußgeld kann der Streetwalk ohne Sondernutzungserlaubnis kosten. Billig im Vergleich zum Parken auf dem Gehweg mit Behinderung, das zwischen 50 und 75 Mark kostet. Wieder mal ist der Autofahrer die gelackmeierte Melkkuh. Aber dem Münchner Car- und Streetwalker geht es nicht um die Gerechtigkeit bei den Gebührensätzen. Seine Message ist eine andere: „Autos stinken, lärmen und töten Kinder. Ich zeige den Menschen, daß das nur eine tote Maschine ist, vor der sie keine Angst haben müssen.“ Roberto Hohrein

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