Ein Leben nach der Mauer

■ Helmstedt: Mit Museum, Archiv und Lehrstuhl an die Grenze erinnern

Wenige Jahre nach der Wende will die Stadt Helmstedt die Erinnerung an die deutsche Teilung wachhalten. Die Stadt, die einst durch den größten europäischen Ost-West-Grenzübergang Helmstedt-Marienborn bekannt wurde, möchte zu einem Wallfahrtsort für Deutschlandgeschichte werden. „Helmstedt - grenzenlos“ heißt das Konzept, das auch die Nachbargemeinden Hötensleben und Marienborn in Sachsen-Anhalt einschließt.

Vorgesehen sind Bildungsurlaube zur deutschen Teilung und Wiedervereinigung. Helmstedt soll Ziel von Klassenfahrten werden und Universitäten zu Studienreisen in die deutsche Nachkriegsgeschichte animieren. Langfristig bewirbt sich die Kreisstadt um einen Lehrstuhl für jüngere deutsche Geschichte und den Sitz eines Archivs für alle Unterlagen über die innerdeutschen Beziehungen.

„600 Menschen starben an der innerdeutschen Grenze. Familien wurden auseinandergerissen, Verkehrsverbindungen gekappt“, sagt Helmstedts Stadtdirektorin Elisabeth Heister-Neumann. Die Erinnerung an diese menschenverachtende Politik müsse wachgehalten werden, weil inzwischen eine Generation heranwachse, die ihr Wissen über die deutsch-deutsche Grenze nur aus Büchern oder Erzählungen der Eltern beziehen könne. „Helmstedt ist als Ort zwischen den Grenzanlagen in hervorragender Weise dazu geeignet.“

In Hötensleben steht mit dem Grenzdenkmal das größte erhaltene Teilstück des ehemaligen Grenzzaunes in Deutschland. Der Übergang Marienborn ist inzwischen zur Gedenkstätte „Deutsche Teilung“ erklärt worden und wird mit Bundes- und Landesmitteln derzeit in den Originalzustand zurückversetzt. In Helmstedt schließlich gibt es das Zonengrenzmuseum. Auf 240 Quadratmetern wird die ehemalige Grenze mit Originalobjekten, Dokumenten und Fotografien dargestellt. dpa

Größter Brocken ist das Denkmal „La Voute des Mains“. Die Monumentalskulptur des französischen Bildhauers Josep Castell, die Helmstedt von der Republik Frankreich geschenkt bekam, zeigt zwei verbindende Hände auf einer geborstenen Mauer. Mit einer Höhe von neun Metern und einem Gewicht von 50 Tonnen gilt sie als das schwerste Denkmal, das je aus Eisen gegossen wurde.

Die Skulptur steht allerdings noch in einer Gießerei in Lüneburg. Noch fehlen die 150 000 Mark für den Transport, den Bau des Podestes sowie das Aufstellen. Ein Verein „Denkmal Deutsche Einheit“ sammelt nun Spenden, damit die gefalteten Hände eines Tages an der Autobahn Hannover-Berlin unmittelbar auf der ehemaligen „Zonengrenze“, der heutigen Landesgrenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, aufgestellt werden können. Markus Nitschke, dpa