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Ein Jungfernhäutchen schützt nicht vor Aids

■ Tag der offenen Tür im Aidspräventionsprojekt für türkische ImmigrantInnen

Eine türkische Schülerin ist sicher, daß sie kein Aids haben könne. Schließlich sei sie Jungfrau. Da Türkische Mädchen aber oft anal mit ihren Freunden verkehren, um ihr Jungfernhäutchen zu erhalten, sind sie dennoch massiv gefährdet. Dies ist nur nur ein Beispiel über das geringe Wissen über Aids, das für die meisten Türken ein Tabuthema ist. Schon über Sexualität wird nicht gesprochen, Homosexualität wird schroff abgelehnt und Kondome sind verpönt. „Türkische Männer haben gutes Blut, sie können kein Aids bekommen“, sagt ein junger Mann in der Beratungsstelle für türkische Immigranten. Allein in Berlin sind jedoch schon 30 türkische ImmigrantInnen an Aids erkrankt, wie viele infiziert sind, weiß niemand. Die Angst, von Freunden oder sogar der Familie im Stich gelassen zu werden, hält viele vom Test ab. Wer positiv ist, schweigt darüber.

Anläßlich des Aids-Kongresses findet heute bei „Aids Danisma Merkezi“ (ADM), einem Aids- Präventionsprojekt für türkische ImmigrantInnen, ein Tag der offenen Tür statt. Die MitarbeiterInnen stellen nicht nur sich und ihre Arbeit vor, sondern bieten auch türkische Speisen, Getränke und Gebäck an. Während der ganzen Woche dienen die Räume in der Skalitzer Straße 138 nachmittags als internationales Café.

Das Projekt wurde 1989 von der Berliner Gesellschaft türkischer Mediziner gegründet. „Wir stellten damals fest, daß bei türkischen Mitbürgern ein großes Wissensdefizit in bezug auf Aids besteht“, sagt die Psychologin Verkin Akyüz. Neben sprachlichen spielen vor allem kulturelle Barrieren eine Rolle. Das deutsch-türkische Team bietet telefonische und persönliche Beratung, Betreuung von Betroffenen und Unterstützung der Angehörigen an.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Öffentlichkeitsarbeit im türkischen Fernsehen, in Moscheen, Schulen, Jugendfreizeitheimen und Sportvereinen. „Ohne Sexualaufklärung kann man bei Türken keine Aidsaufklärung machen“, sagt Sozialwissenschaftler Ali Koban. Erwachsene kann er darauf allerdings nur indirekt ansprechen. Mit SchülerInnen redet er immer erst über Liebe und Sexualität, ehe er Medizinisches erklärt oder ein Kondom vorführt. cor

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